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Da in Wien 4000 Meister und circa 9000 Gesellen beschäftigt sind, so dürfte die Zahl von 1200 bis 1500 Frauen und Mädchen, die in diesem Industriezweige arbeiten, nicht zu hoch gegriffen sein.

S chuh. ob ertheil-F ab rikatio n.

Die Erzeugung von Schuhobertheilen auf Nähmaschinen, fabriksmässig betrieben, ist ein neuer vielversprechender Industriezweig, da dieser Artikel jetzt schon einen wich­tigen Export-Artikel bildet. Bisher wurden Schuhobertheile von Schuhmachern nur hand- werksmässig und für den Bedarf des eigenen Gewerbes angefertigt.

Ein im Jahre 1872 (Februar) in Prag gegründetes Etablissement errichtete eine Filiale in Gottesgab im Erzgebirge, woselbst ehemalige Spitzenklöpplerinnen für diesen Industriezweig herangebildet wurden.

Die hiebei von Frauen und Mädchen besorgten Arbeiten sind:

1. Das Steppen der Obertheile und Lackspitzen.

Diese Arbeit geschieht auf Nähmaschinen, u. z. sind deren in dieser Fabrik 52 in Thätigkeit.

Zur Erlernung der Arbeit ist je nach der Anstelligkeit des Mädchens eine Lehrzeit von 14 Tagen bis zu 3 Monaten erforderlich.

Die einfachste Arbeit, welche das Mädchen zuerst verrichtet, ist das Zusammennähen des Stoffes, sowohl des Futter- als des Oberstoffes. Darnach fängt die Arbeiterin an, einfache Steppereien am Obertheile auszuführen. Die Befähigung hiefür hat sie, wenn sie geradelinig nähen kann. Nach längerer Uebungszeit beginnen befähigte Arbeiterinnen mit Zierstepperei aus freier Hand und ohne Vorlagen, wobei es sich zumeist um correcte Durchführung der Verzierungen handelt.

Die Arbeiterinnen sind theils im Hause, theils ausser der Fabrik beschäftigt. In der Fabrik währt die regelmässige Arbeitszeit 11 Stunden. Die Entlohnung findet per Stück statt.

Bei den Lackspitzen werden die Arbeiterinnen per Dutzend mit 30 bis 70 kr. ent­lohnt, und kann ein Mädchen des Tages 5 bis 8 Dutzend einfacher Art fertig machen. Bei Obertheilen beträgt der Lohn, und zwar bei einfachen Kinder-Obertheilen 70 kr., bei verzierten bis 3 fl. per Dutzend. Von ersteren ist die Arbeiterin bis 3 Dutzend täglich zu liefern im Stande, bei verzierten hat sie mit 1 Dutzend per Tag reichlich zu thun. Im Durchschnitte verdienen sich die Arbeiterinnen in der Fabrik 7 bis 9 fl., ausser dem Hause 7 bis 8 fl., und jene in Gottesgab 6 bis 7 fl. per Woche.

Die Arbeiterinnen in der Fabrik bekommen den Stoff, die Seide'und Nadeln und das nöthige Oel zum Einölen der Maschine; jenen ausser der Fabrik werden nur Stoff und Seide ausgefolgt; die Maschinen liefert der Fabriksbesitzer, doch gibt es Arbeitererinnen, welche ihre eigenen Nähmaschinen besitzen.

2. Das Annähen der Strupfen, das Einfassen und Annähen der Zun­gen, das Einschlagen der Oesen mittelst einer Handmaschine und das Zusammenreihen der fertigen Obertheile in Dutzende wird von Mädchen besorgt, welche per Woche mit 4 bis 5 fl. entlohnt werden.

Im Ganzen sind in der oben erwähnten Fabrik 72 Mädchen und Frauen, im Alter von ca. 18 bis 30 Jahren beschäftigt.