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Schriflg'iesserei.

In den Schriftgiessereien wird seit Jahren ein Tlieil der früher nur von Knaben und Männern verrichteten Arbeiten ausschliesslich durch Mädchen und Frauen ausgeführt, und es haben sich dieselben als ganz geeignet dafür erwiesen. Diese Arbeiten sind:

a) Das Abbrechen,

nämlich das Abbrechen des Gusszapfens (kurz .Guss genannt) von den gegossenen Lettern. Diese Arbeit ist sehr leicht, da das Letternmetall spröde ist und der keilförmige Guss mit seinem schwächsten Ende am Fusse der Lettern haftet. Die Arbeit wird sitzend verrichtet, erfordert weder Vorkenntnisse noch besondere Befähigung, und ist für weib­liche Personen jedes Alters geeignet.

Verdienst per Woche 3 bis 6 fl.

b) Das Schleifen.

Die abgebrochenen Lettern (immer ,Buchstaben genannt) werden auf zw r ei Län­genseiten glatt geschliffen, d. i. auf rothen, harten Porphyrsteinen gerieben, um den Guss­grat, welcher sich an den Kanten bildet, zu beseitigen. Diess erfolgt, indem die linke Hand immer einen Buchstaben bereit legt, während die rechte Hand denselben durch Auflegen zweier Finger erfasst und unter gleichmässigem Druck auf dem Steine circa 10 bis 12 Zoll weit einmal hin und zurückschiebt. Ist so die eine Seite geschliffen, wird der Buch­stabe mit Hilfe des Daumens umgewendet und auf der zweiten Seite in ganz gleicher Weise behandelt.

Diese Arbeit wird ebenfalls sitzend verrichtet; es bedarf nur einer mittelmässigen Beweglichkeit der Finger und mässiger Kraft des rechten Armes, um die erwähnte Be­schäftigung mit möglichster Geschwindigkeit den ganzen Tag fortsetzen zu können. Eine besondere Befähigung setzt auch diese Arbeit nicht voraus und 3 bis 4 Wochen genügen, um hierin eine ziemliche Fertigkeit zu erzielen.

Da sowohl das Abbrechen wie das Schleifen der Buchstaben immer nach der Zahl der Tausende bezahlt wird, so hängt der Verdienst nur von der erlangten Fettigkeit ab und schwankt bei dem Schleifen zwischen 3 bis 10 Gulden in einer Woche.

e) Das Aufsetzen.

Nachdem die Buchstaben, wie oben beschrieben, geschliffen sind, werden sie aufge­setzt, d. h. sie werden einer neben den andern gestellt und so lange Beihen davon ge­bildet. Man bedient sich zu diesem Zwecke 2 , / 2 Schuh langer, schmaler, schwacher Holz­leisten, ,Winkelhaken genannt, welche an der links gehaltenen Schmal- und an der unteren Längenseite einen mässigen rechtwinkeligen Vorsprung als Stützpunct für die Lettern haben. Die Arbeiterin hält den AVinkelhaken in der linken Hand, ergreift mit der rechten die einzelnen vor ihr auf einem Tische aufgehäuften Buchstaben und reiht dieselben, den letztaufgesetzten mit dem linken Daumen immer sachte festhaltend, mit dem Schriftzeichen nach oben links gewendet, neben einander.

Auch diese Arbeit wird von jungen Mädchen, und zwar sitzend verrichtet, ist nicht anstrengend und erfordert keinerlei Vorkenntnisse oder geistige Befähigung, sondern nur eine mässige Geschicklichkeit der Hand, um die einzelnen Lettern so schnell als möglich und immer gleich in der gehörigen Stellung aufzulesen. Der Verdienst hängt auch hierbei ganz von der erlangten Fertigkeit ab und schwankt zwischen 2'/a bis 6 11. per Woche.