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Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : Weltausstellung 1873 in Wien ; erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon / verfasst von Carl Holdhaus und Franz Migerka
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Ferner werden Perlen metallisirt. Dieselben werden aus durchsichtigem Glase oder Composition geblasen, und zwar an einem Röhrchen je nach der Grösse 1020 Stück, dann mit aufgelöstem salpetersaurem Silber angesogen und so lange liegen gelassen, bis sich das Silber angelegt hat und die Perlen verspiegelt erscheinen. Tst das geschehen, so wird das überflüssige Wasser heräusgelassen und jede Perle durch ein sogenanntes Feilmesser aus Stahl einzeln abgefeilt.

Ausser diesen Objecten werden auch Birnchen und sonstige verschiedene Gegenstände geblasen, und zwar aus freier Hand, oder auch in Formen. Die Formen werden auf Zangen gebunden, an dem Arbeitstische befestigt und durch eine Schnur derart mit einem Tritt in Verbindung gebracht, dass das Oeflnen und Schliessen der Formzange leicht und rasch bewerkstelligt werden kann. Diess ist wesentlich, weil die Glasmassa schnell erstarrt und sich dann in der Form nicht mehr aufblasen lässt. Diese Arbeiten werden wieder meistens in Maxdorf, Josefsthal, Karlsberg und Grafendorf, sowie auch in Antoniwald gemacht.

Manche dieser Artikel, z. B. Früchte oder auch Schmuckperlen u. dgl. m., werden auch mit kalten Farben oder mit Wachsfarben innen bemalt, was gleichfalls Mädchen herstellen.

Zur Erlernung der geschilderten Arbeiten sind etwa 12 Jahre erforderlich. Eine grosse Schwierigkeit liegt darin, dass die Artikel zu verschiedenartig und immer neue Techniken erforderlich sind, um Neues und Modernes hervorzubringen. Besondere Schul­bildung und Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, wohl aber sehr viel Hebung.

Die Perlblaserei an sich ist der Gesundheit nicht nachtheilig und nicht schwer. Es werden zu ihr schon Kinder verwendet und finden sich unter den Arbeiterinnen welche mit 70 ja sogar mit 80 Jahren.

Die Perlblaser gehören durchgehends der einheimischen Bevölkerung der dortigen Gegenden an. Ihre Art und Weise des Wohnens ist dürftig wie die der Schleifer; es wohnen häufig 2 bis 8 Familien in einem Zimmer, in welchem öfter 23 Blasetische, mit je 4 Arbeiterinnen, zusammen also 12 Personen in Thätigkeit sind. Es entwickelt sich da eine Ausdünstung, die in Verbindung mit dem Petroleumgeruch in sanitärer Beziehung sehr ungünstig wirken muss.

Der Verdienst der Arbeiterinnen ist zum Theile höchst precär. Es gibt Arbeiten, für welche man 7 bis 8 fl. per Woche zahlt; es gibt aber auch solche, bei denen nur 1 fl. bis 1 fl. 50 kr. verdient wird.

Nebst den hohlen Perlen werden auch massive Gegenstände über der Lampe gemacht, wie z. B. Knöpfe, Ohrringe, Nadeln etc. und zwar gewöhnlich für einen Lohn von 1 fl. 50 kr. bis 2 fl. per Woche nebst Kost.

Die Zahl der Mädchen und Frauen, welche in den Bezirken Gablonz und Tannwald im Glasgeschäfte arbeiten, dürfte gegen 4000 Individuen betragen. Hievon ent­fallen auf die Schleiferei in Schleifwerken 15, Trempelzeugschleiferei 5, Lampenarbeit (Perlblasen etc.) 60, Anreihen der Perlen an Schnüren 5, alle übrigen Arbeiten (Auf­heften von Knöpfen an Cartons, Einmalen von Perlen, Emballiren etc.) 15 Percent.