Dokument 
Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : Weltausstellung 1873 in Wien ; erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon / verfasst von Carl Holdhaus und Franz Migerka
Entstehung
Seite
122
Einzelbild herunterladen

122

Diese Arbeit wird zum grossen Theile ausserhalb der Fabriken und zwar in den Wohnungen der Arbeiterinnen verrichtet, und gestattet diesen daher auch ihren Haushalt zu besorgen.

2. Das Einlassen.

Diese Arbeit besteht im Sieden der Gegenstände in Wachs, Spermacet und anderen Fettstoffen, ferner im Abwischen nach dem Sieden.

Die Arbeit wird stehend verrichtet und erfordert Achtsamkeit, sowie eine fast minu­tiöse Püiictlichkeit; die hiebei angestrengten Körpertheile sind Augen, Arme und Füsse.

Die Arbeiterinnen stehen in einem Alter von 14 bis 40 Jahren.

Wochenlohn 3 bis 5 ff., im Durchschnitte 4 ff. Lehrzeit 3 Wochen, während welcher Zeit 1 fl. per Woche bezahlt wird.

ln kleinen Geschäften wird diese Arbeit gleichzeitig von den Schleiferinnen besorgt.

3. Das Schleifen.

Das Schleifen wird mit einem Leinwandlappen ausgeführt, welcher um den Zeige­finger der rechten Hand spitz gewickelt und in eine Lösung von Schafbein (geschlämmtem Wienerweiss) getaucht wurde. Bei dem Ausschleifen von Höhlungen etc. kommt auch hier das Stockerl in Anwendung.

Die Arbeit erfordert gute Augen und auch besondere Aufmerksamkeit, um Bruch zu verhüten. Das Alter der Arbeiterinnen beträgt 14 bis 40 Jahre.

Wochenlohn 3 fl. 50 kr. bis 6 fl., im Durchschnitte 5 fl. Lehrzeit 3 Wochen mit 1 11. Entlohnung.

4. Das Policen und Fertitnuachen.

Diese letzte Arbeit besteht im Reinigen der Gegenstände mittelst halbharter Zahn­bürsten, ferner im Poliren mit Polirkreide und Spiritus, und endlich im Reinwischen mittelst weich gewaschener Servietten. Zur Ausführung dieser Arbeiten werden nur die besten und geübtesten Schleiferinnen verwendet.

Nothwendig sind gute Augen, eine ruhige Hand, Achtsamkeit und Geschicklichkeit. Die am meisten angestrengten Körpertheile sind Augen und Arme. Die Arbeiterinnen dieses Zweiges sind 20 bis 30 Jahre alt.

Wochenlohn 5 bis 8 fl., im Durchschnitte 6 fl.

Zum Schleifen und Poliren wird theihveise Arbeit ausser dem Hause gegeben.

Die tägliche Arbeitszeit ist gewöhnlich 10 Stunden (ungerechnet die Ruhepausen), die Beschäftigung dauert das ganze Jahr ohne Unterbrechung.

Die Zahl der bei dieser Industrie in Wien beschäftigten Arbeiterinnen beträgt unge­fähr 500, und es entfallen auf das Schachteln 50, Einlassen 10, Schleifen 30, Poliren 10 Percent.

Ledergulanteriewaaren - Industrie.

Bei der Fabrikation von Ledergalanteriewaaren entfallen auf das weibliche Geschlecht folgende Arbeiten:

1. Handsteppeii.

Diese Arbeit, zu welcher nur geübte Näherinnen verwendet werden können, besteht im Zusammennähen von Bestandtheilen aus Samint, Seide und Leder, die zur Ausfertigung der Gegenstände dienen und deren Dauerhaftigkeit bezwecken. Sie wird von Mädchen im Alter von 16 bis 24 Jahren sitzend verrichtet und erfordert Genauigkeit sowie Fingerfer-