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Baron von Wrede meinte, daß noch der Tschibuhk und der Kaffe fehle, ließ sich den ersteren reichen und forderte den letzteren. Da brachte der Treiber die betäubende Nachricht, das sei vergessen worden, wonach das Herz sich sehne. Groß war der Schrecken; aber nah' die Hülfe. Unerschüttert von des Schicksals Tücken nahm unser praktischer Begleiter mehrere Flaschen des mitgebrachten Weines und begann einen Glühwein zu kochen. Das Getränk lobte den Meister, seine erheiternde Wirkung blieb nicht aus. Bald klangen deutsche Lieder in die Wüste hinaus, die Klänge lockten uns mit. Wir traten vor das Zelt, um die köstliche Nacht in ihrer ganzen Schönheit zu genießen. Die riesigen Weltbauten waren zauberhaft vom Monde und seinem Stcrnenheere beleuchtet; ihr Licht funkelte in ewiger Reinheit zu uns hernieder, die Luft war klar und kühl. Der Nacht Ruhe lag auf der Wüste; kein Laut war vernehmbar, nur zuweilen ,,knisterte das verlöschende Feuer." Wir durchwachten fast die ganze Nacht. Vor dem Schlafengehen feuerte Wrede noch mehrere Schüsse ab, um die umwohnenden Araber vor etwaigen Angriffen zu warnen.
Am folgenden Morgen erweckte uns unser Begleiter schon sehr frühzeitig. Noch lag Alles ringsum im Schlummer und Dunkel der Nacht. In unserem Zelte brannte das wieder angefachte Feuer- chen; ein Treiber war beschäftigt, uns daran unseren Kaffe zu bereiten; denn Wrede hatte noch während der Nacht das Unentbehrlichste beizuschaffen gewußt.
Ueber dem Djebel el mokhadam*) flammte die Morgenröthe. Nach kurzer Zeit erblich sie vor der aufgehenden Sonne, deren erste Strahlen rosenfarbenen Duft über die gewaltigen Steinmassen hauchten. Ihre Wärme that uns wohl nach der Kühle der Nacht. Eine Gesellschaft von Arabern war angelangt, um uns beim Besteigen der Pyramiden behülflich zu sein; ihr Schech wählte für Jeden von uns zwei rüstige Männer zur Begleitung und übergab uns den ungeduldig Harrenden, mit denen wir unseren Weg antraten.
») Das am rechten Ufer des Nil liegende Gebirge, wörtlich „das empor- oder hervorragende Gebirge" (von der Wurzel „klmä-m,-,").