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ganz Recht, wenn sie sagen: Es giebt in Egypten kein besseres Wasser, als das des Nil. Ich bin fest überzeugt, daß das Wasser unserer Elbe ebenso gut ist, als das des Nil; allein zwischen beiden Gewässern findet der Unterschied statt, daß wir in Deutschland silberreines Quellwasser und in Egypten nur stinkendes, ekelerregendes Lachen- oder Cisternenwasser zur Vergleichung haben. Und dabei ist egyptischer Durst ein anderer als deutscher, wenigstens deutscher Wasserdurst. Durst ist der beste Mundschenk; man ist in heißen Ländern froh, wenn man den oft zur Qual werdenden Durst löschen kann; geistige Getränke können das Wasser nie entbehrlich machen: ihr Genuß vermehrt nur die Begierde darnach. Und deshalb ist das Nilwasser das beste Wasser der Welt.
Unsere Reise durch Obercgypten gewann mit jedem Tage an Interesse. Weite, fruchtbare, jetzt im Frühlingsgrün stehende Saatfelder, fruchtbeschwerte, in großen Wäldern vereinigte Dattelpalmen, Dörfer und Städte, öde liegende, vom Riedgras in Besitz genommene Strecken guten Ackerlandes, den beiden Wüsten des Landes angehörende Sandebencn, kahle Gebirge, mit jach abstürzenden Fclspartieen oder gcröllbedcckten Bergeshängen, Trümmer von altcgyptischen Tempeln und Ruinen verfallener Wohnsitze wechseln hier in bunrer Reihe mit einander ab. Der Vcrgnügungsreisende hat Zeit genug, alles Merkwürdige zu besichtigen; wir, von der Mission abhängend, konnten nur die Morgenstunden den Besuchen des festen Landes, mit denen wir zugleich die Jagd verbanden, widmen. Aber auch diese wurde uns durch die Nimrode unter unserer Reisegesellschaft oft genug verleidet. Jeder, der ein Gewehr führen zu können glaubte, zog damit aus, unschuldig Gewild zu erjagen; denn nicht dem saatcnverwüstendcn Wildschwein, der sich in Höhlen oder Stcinklüstcn bergenden Hyäne, nicht dem listig die Felder durchschleichenden egyptischen Fuchs, dem Eier und Hühner raubenden Ichneumon, oder dem mordlustigcn Sumpfluchs galt das regellose Treiben; — harmlose Tauben, gleichviel ob zahme
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