Mehrung der Bevölkerung einwirken; wenigstens '.ist die Furcht vor ihnen so groß, daß achtzig Prozent der arabischen Mütter ihren Säuglingen den Zeigefinger der rechten Hand zu verstümmeln pflegen, um sie zum Militärdienste untauglich zu machen. Zwar hat der strenge Befehl der Regierung: gerade die so geschändeten Jünglinge zu Soldaten zu nehmen, diese grauenhafte Sitte beeinträchtigt, aber ihr noch keineswegs Einhalt gethan. Es ist nicht zu verkennen, daß sich die Einwohnerzahl Egyptcns zusehends verringert. Die Regierungswcise des Pascha hat der Quelle des Wohlstandes Egyptenlands, dem Ackerbau, Tausende von arbeitsamen Händen entzogen.
Wenn wir ein Dorf betraten, wurden wir gewöhnlich von Kranken umringt, welche uns für Aerzte hielten und Hülfe begehrten. In dem Dorfe KossSir fanden wir zwei Fieberkranke, von denen der eine schon seit einem Vierteljahre, der andere seit dreizehn Monaten darnieder lag. Die Unglücklichen sahen, ohne Aussicht auf ärztliche Hülfe, gefaßt dem Ende ihrer Leiden, dem Tode entgegen. Ihre Heilkünstlcr können das Fieber, den Dämon Egyp- tens, nicht bändigen. Sie baten uns um Arzneien für ihre Kranken und hofften, diese damit in wenig Tagen herzustellen.
Am 9. Oktober kamen wir zu einem Dorfe, welches, weil cS dem Städtchen Khau gegenüberliegt, Khau cl sorherr (,,Klein- khau") genannt wurde. Hier lebten die Menschen wie Amphibien. Der hohe Nil hatte die Ortschaft und ihre Umgebung unter Wasser gesetzt, welches nur deshalb nicht in die Häuser drang, weil man sie wenige Zolle über den höchsten Stand des Stromspiegels erhöht hatte. Daß es in ähnlichen Wohnsitzen viele Kranke giebt, ist erklärlich. Die geringste Erkältung führt eine Krankheit herbei. Auch wir litten wiederholt an heftigen Kolikanfällen, denen wir aber immer sogleich mit wirksamen Heilmitteln entgegenarbeiteten.
Am 12. Oktober legten wir in der Nähe der Ruinen des hundertthorigcn Theben, bei dem Dorfe Luksor an. Elende