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Wir zogen in süd-süd-östlicher Richtung in die Wüste hinaus. Nach Sonnenuntergang wurde Halt gemacht; wir breiteten die Teppiche in den weichen Sand und legten uns zur Ruhe nieder.
Es ist Nacht. Die Luft der Wüste ist, wie immer, rein und hell, über uns leuchten die Sterne in ihrer ewigen Klarheit. Außer dem durch die Karawane verursachten Geräusche hört man keinen Laut; eine tiefe feierliche Stille ruht auf der dunklen Ebene. Nur auf wenige Schritte hin erhellt sie ein kleines Feuer, darum sitzen und liegen die halbnackten Söhne Nubiens und kochen sich ihr ärmliches Wüstcngericht: Dürr ah körn er in Wasser. Mit zusammengekoppcltcn Beinen liegen die wiederkäuenden Kamele in einem weiten Halbkreise außerhalb des Lagers; manchmal leuchten ihre Augen hell auf im Widerscheine der Flammen. Es ist das schöne Bild des Lagers in der Wüste. Wer wäre im Stande, die unendliche Schönheit der Nacht der Wüste zu schildern, wer kann sie ahnen, wenn er sie nicht selbst empfunden! Wie wohlthuend ist die Kühle der Nacht nach des heißen Tages Last und Mühe!
„Bleibt hinter Euren Kerkermaucrn Ihr bleichen Städter eingebaut.
Die Ihr den Himmel nie, die Erde In ihrer Pracht habt angeschaut- Die Sorge nagt an Eurem Leben Das ew'ge lahme Einerlei.
Wir wohnen in der Wüste Gauen,
Da stnd wir stark und stolz und frei!
llns ist das Licht, das aus dem Aether In seiner Strahlenkrone blitzt,
Uns ist die Wolke in dem Raume,
Der Renner uns, der keucht und schwitzt- Uns ist der Sand das Schlummerkissen,
Auf dem wir ruhen, sorgenlos,
Uns die Gestirne, die von oben Herschau'n aus ihrem Himmclsschooß."