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Erster Theil
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Wahrheit bestätigt uns das Leben und Ende vieler in heißen Län­dern lebender Europäer. Nirgends ist eine rege Geistesthatigkeit mehr anzurathen als in den Tropen: sie ist es, welche das Leben erhält. Ohne sie wird der Mensch so träge und faul, daß er sich zuletzt, jeder Bewegung abhold, nur auf seine bequeme, kühle Woh­nung beschränkt und dann um so sicherer seinem Untergänge entge­gengeht. Der Europäer kennt die Macht des heißen Klimas, er kennt die Folgen der Verweichlichung seines Körpers: und dennoch beugt er beiden selten vor; um wie viel weniger wird dies der Su- dahnese thun! Er urtheilt über seine Ausschweifungen ganz an­ders als der Europäer und ahnt nicht, daß diese ihm sein Leben verkürzen können. Daß er faul ist, liegt in seinen Verhältnissen; wenn er wirklich arbeitet, geschieht es nur, um sich und den Sei- nigcn den Lebensunterhalt zu sichern. Aber er braucht so Wenig und sein Vaterland ist so gesegnet mit Fruchtbarkeit und Erzeu­gungskraft, daß er das Wenige ohne Mühe erringt. Warum soll er sich also mit Arbeit quälen, warum Etwas thun, waS ihm nicht einmal durch seine Religion geboten wird? Diese erlaubt es ihm, sein Leben nach seiner Art und Weise zu genießen, denn sie sagt ihm:^lialr ksrillm," Gott ist barmherzig und will es Euch leicht machen. Sie tröstet ibn, wenn Jemand an den Folgen seiner Ausschweifungen stirbt mit den Worten:MLtüllb aölAllü nrin aünck rübbinü sübollLlind evü taülö" (Es ist ihm so voin höchsten und allmächtigen Gott bestimmt sgeschriebenj gewesen). Und darum lebt er sorglos in den Tag hinein.

Bei Tage arbeitet der Eingeborne des Sudahn nur höchst We­nig; er liegt in seiner Behausung auf weichem Ankharehb und pflegt der Ruhe. Mit Sonnenuntergang geht das wahre Leben erst bei ihm an, aber nicht das der Arbeit, sondern das des Ge­nusses. Der behaglich hingestreckte, fast unbekleidete Mann schöpft sich mit einer Kürbisschaale seinen Labetrunk aus einer großen, mit Meriesa gefülltenBürmL". SeinKeif" *) erreicht den höch­sten Grad, wenn ihm ein schönes Weib die Schaale kredenzt; berauscht

*) Keif ist ein nicht zu übersehendes Wort und bezeichnet jenes Wohl-