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Erster Theil
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der Operation verdoppelt sich der Lärmen, das wüste Gelag wird ausschweifend, die Tarabuka ertönt unter mächtigen Schlägen, ein die Ohren der Zuhörer wenigstens der Türken und Europäer -

zerreißendes Geheul durchzittert die Luft*). Wahrscheinlich will man den Schmerz des beschnitten werdenden Kindes mit all' dem Lärm betäuben, denn nach vollendeter Operation schweigt der Hau­fen der tumultirenden Gäste und dieFanthasie" hat ein Ende.

Wie hoch diese Beschneidung in der Achtung der Sudahnesen da­steht, mag daraus hervorgehen, daß mir einer meiner Bedienten, welcher ein Mädchen erzogen hatte, mit stolzem Selbstbewußtsein sagte:Ich habe dieses Mädchen nicht nur groß gezogen, sondern auch beschnitten und verheirathet. Das gute Werk der Beschnei­dung hob er wohl auch um deshalb noch besonders hervor, weil das damit verbundene Fest nie ohne ziemlich bedeutende Geldko­sten abgeht.

Bei der Verheirathung eines Sudahnesen werden nur selten besondere Festlichkeiten veranstaltet. Wenn der Knabe sein fünfzehn­tes Jahr erreicht hat, ist er gewöhnlich erwachsen; das Mädchen *

wird schon mit dem dreizehnten Jahre mannbar. Glücklicherweise befolgt man im Sudahn nicht die Unsitte der Egypter, die Mäd­chen schon im zarten Kindesalter zu verehelichen, sondern läßt die Natur erst ihr Werk vollenden, ehe man an dessen Zerstörung denkt. Auch der Sudahnese ist gehalten, seinem Schwiegervater

*) Dieses Geheul ist weder zu beschreiben noch nachzuahmen. Einige Reisende versuchten es durchulululul" wiederzugeben; ich bezweifle, daß es überhaupt durch Buchstaben versinnlicht werden kann. Die Frauen bringen es durch ein, bei zitternder Zunge, oder sich im Munde schnell bewegenden Zei­gefinger ausgestoßenes Kreischen hervor und drücken damit jede heftige Ge­müthsbewegung: Freude und Schmerz, Trauer, Furcht und Schrecken, Wonne und Entsetzen aus; auch ist es das Kriegsgeschrei. Goltz sagt da­von in seinemKleinstädter in Egypten":Die Weiber brachten mit Zungen­schlag und Kehlkünsten ein frappant absonderlichesblubbernd" tremulirendcs durchdringendes und unartikulirtes Ton-Unwesen, etwa wie wilder Waldvo­gelgesang in Urwäldern (vor der Sündfluth und Einführung eines geläuter­ten Naturgeschmacks) hervor." Der Kürze wegen will auch ich es wie Rüp- vcll und Andere durch ulululul ausdrücken.