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Erster Theil
Entstehung
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171
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eine gewisse Summe (Mahhr) zu zahlen. Der Mahhr*) ist aber viel geringer als in Egypten und wird gewöhnlich in einzel­nen Raten abgetragen, wozu der Mäarihs oder Bräutigam oft mehrere Jahre braucht. Die Vereinigung der Brautleute besorgt ein Fakh'ie in aller Schnelligkeit und aus dem Stegreife, unter Hersagung mehrerer auf die Ehe bezüglichen Khorahnstellen. Nach der Verheirathung erbaut sich das Pärchen, wenn es in der Stadt zu wohnen gedenkt, eine Tankha, und wenn es auf dem Dorfe leben will, einen Tokhul. Die eine oder der andere kosten bei den geringen Bedürfnissen dieser anspruchslosen Menschen kaum mehr als zehn bis fünfzehn Thaler unseres Geldes. Nun ergreifen die jungen Leute irgend ein Gewerbe und arbeiten, wie ihre Eltern, nur gerade so viel, als zur Erlangung ihrer Nahrungsmittel und der von der Regierung verlangten Steuern unumgänglich nothwen­dig ist.

So gering auch der Mahhr im Sudahn ist, so kommt eS doch oft genug vor, daß ein Vater seine Einwilligung zur Ver­heirathung seiner Tochter in der Absicht verweigert, um eine größere Summe für sie zu erhalten. Man betrachtet in allen ma- hammedanischen Ländern die Verheirathung wie einen Handel; es darf uns deshalb auch nicht befremden, wenn man daraus einen möglichst bedeutenden Gewinn zu ziehen sucht. Aber weil durch die Verhinderung mancher Ehen leicht eine Verminderung der Be­völkerung herbeigeführt werden könnte, hat die Regierung im Su­dahn ein eignes Institut in's Leben gerufen. Dort sind der Liebe überhaupt nicht gar so sehr Thüren und Thore versperrt, wie in der Türkei und anderen dem Jslahm ergebenen, aber mehr civili- sirten Ländern; die Mädchen gehen unverschleiert und können mit ihrem oft sehr angenehmen Gesicht wohl die Herzen der Jünglinge entzünden. Um nun Letzteren in ihren Wünschen behülflich zu sein

*) Man könnte dieses Wort mit Brautschatz übersetzen, nur im umge­kehrten Sinne, weit der Bräutigam, anstatt zu empfangen, zu geben hat. Dafür muß der Vater des Mädchens die Hochzeitsfeier ausrichten und seine Tochter, wenn sie, von ihrem Manne geschieden, zu ihm zurückkehrt, ferner­hin beköstigen und unterhalten.