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Erster Theil
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Ost-Sudahn ganz eigenthümliche Gctraidebau in der Steppe. Die Ufer der Ströme sind überall in Nord-Ost-Afrika die einzigen Felder, auf denen man vermittelst Schöpfrädern das unbedingt nöthige Wasser jederzeit herbeischaffen kann; sie sind für Egypten und Nubien der Lebcnsfaden, welcher sich durch das öde Stcin- und Sandmecr hindurchwindct. Im Sudahn verlieren sie an Ge­wicht. Da, wo in Afrika der Himmel seine Schleusten öffnet, treibt die Erde überall zum fröhlichen Leben. Südlich vom sechzehnten Grade der nördlichen Breite giebt es keine Wüsten mehr; sie ver­wandeln sich in Steppen. Hier deckt eine verhältnißmäßig üppige Vegetation die Erde. Der Sommer sucht diese zu vernichten, der Winter weckt sie zu neuem Leben. Das ist der, von uns später noch genauer zu betrachtende Boden, auf dem der Sudahnese seine Durrahfelder anlegt.

Kurz vor Beginn der Regenzeit zündet er das Gras der Steppe an. Das Feuer verbreitet sich meilenweit und rasirt die ganze Fläche; das Unkraut verschwindet, aber es giebt den Keim zu neuem Leben. Fruchtbare Asche bleibt zurück, der erste Regen vereinigt ihr kohlensaures Kali mit dem Humus des Bodens. Jetzt erscheint der Bauer, um sein Samenkorn auszustreuen. Die Bewohner eines Dorfes vereinigen sich, um ein einziges, ungeheures Getraidefeld anzulegen. Mit einem halbmondförmigen Eisen, Husch lisch*) genannt, lockern die Männer die Erde auf, dann stechen sie mit einem zugespitzten, unserem Pfahleisen oderStichel" entfernt ähn­lichen Mimosenholzc, drei bis vier Fuß im Quadrate von einander entfernte, Löcher in dieselbe. Die Frauen streuen einige Durrahkör­ner in jedes Loch und treten es leicht mit dem Fuße zu. Der von

*) Hsscliaseb, Wurzel Imscli, Etwas, womit das Gras,HssMesclr", bearbeitet wird. Einige Reisende haben Hs8cli3seli mitOpiumesser" übersetzt, weil Haschiesch auch ein dem Opium ähnliches, berauschendes Hanfsamenextrakt bedeutet und Derjenige, welcher Haschiesch genießt, Ha­schasch genannt wird. Jedermann sieht ein, daß der seiner reichen, bieg­samen Sprache wohl kundige Araber durch dergleichen geistvolle Ueber- setznngen eben nicht in's vortheilhasteste Licht gestellt wird. Ich habe aber die betrübende Erfahrung, daß mancher Reisende dem andern offenbaren Unsinn ohne Bedenken nachschreibt, leider nur zur oft gemacht.