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Erster Theil
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von den Sudahnesen, deren Sitten und Gebräuche sie, seitdem sie im Lande heimisch geworden sind, angenommen haben.

Ich beginne mit unseren Landsleutcn. Es ist nicht der engherzige Begriff, den wir in Deutschland mit dem Worte Lands­mann zu verbinden gewohnt sind, welchen ich hier angewendet wissen will. Schon in Egyptcn erweitern sich die Grenzen des Va­terlandes in jenem engen Sinne, schon in Egyptcn ist der Deut­sche froh, wenn er den Deutschen fand und fragt nicht, ob sein Landsmann dem Süden oder Norden, den Ostseeprovinzen oder Rheinländern angehört. Nun komme man erst nach Charthum! Da bedarf es weder eines Empfehlungsschreibens noch einer länge­ren Bekanntschaft, um in den Kreis der dort lebenden Europäer einzutreten; die Worte:Meine Herrn, ich bin ein Europäer," ge­nügen, wenn sie in einer Sprache gesagt werden, welche Einer der Anwesenden versteht, den Neuangekommenen in jedes europäi­sche Haus zu führen. Die Umgangssprachen der Europäer in Charthum sind Französisch und Italienisch; wer nur einige Worte einer dieser Sprachen sprechen kann, ist als Landsmann beglaubigt. Erst nach längerer Unterhaltung wird gefragt:Mein Herr, wel­cher Nation gehören Sie an?"

Die Europäer Charthum's bilden gezwungen gleichsam eine große Familie. Fast jeden Abend kommen sie irgendwo zusammen, um sich zu unterhalten, Tabak zu rauchen und Branntwein zu trinken. Alle Monat« gelangt ein Heft französischer Zeitungen in ihren Besitz. Dieses wird von Einem nach dem Andern aufmerksam und sorgfältig gelesen, um immer von den Hergängen im Vaterlande unterrichtet zu sein. Das giebt dann Stoff zur Unterhaltung für viele Abende. Es bilden sich dabei aber auch Parteien, vorzüg­lich unter den Franzosen. Die Einen huldigen der Monarchie, die Anderen der Republik. Heftige Streitigkeiten werden in Char­thum ausgefochten, wichtige Zeitftagen dort erledigt. Man ver­tritt die ganze Nation. Der Branntwein^ kreist in der Mitte der Streitenden und erhitzt die Gemüther. Die früher nur politisch Entzweiten stellen sich jetzt auch in anderer Hinsicht einander feind­lich gegenüber. Der Vertreter der Republik muß hören, daß der