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Am Morgen des folgenden Tages kam der Reis des ersten Katarakts zu uns, um uns von den ungeheuren Gefahren der bevorstehenden Passage des unbedeutenden Schellahl gründlich zu unterrichten. Guter Reis, wir waren keine Engländer und zur Abgabe eines splendiden Bakhschiesch keineswegs geneigt. Wir wußten, daß die Stromschnelle im Ganzen nur achtzig Fuß Gefalle — und dies aus dreiviertel Meilen Länge — hat und ganz gefahrlos ist. Das Bcdrückungssystem des Schuftes war uns ebenfalls wohlbekannt und, da wir oft genug reisenden Engländern begegnet waren, auch erklärlich. Für uns war aber kein Grund vorhanden, uns seinen Absichten und Forderungen zu unterwerfe». Deshalb erwiederten wir dem sich Brüstenden nur die wenigen Worte: „Schurke, willst Du uns fahren oder nicht?"
„„Nein, Herr! Ich kann und darf es nicht, ich muß erstellten Erlaubnißschein vom Gouverneur zu Assuan haben, ehe ich Eure Barke besteigen darf.""
„Elender, Du lügst, sofort begicb Dich auf das Schiff oder, beim Barte des Propheten, Du erhälst fünfhundert Streiche auf Deine Fußsohlen! Fürchte den Firmahn unseres großmächtigcn Sultahns!"
Das mit großen Lettern gedruckte Doctordiplom des Baron Müller, welches wir ihm bei diesen Worten vorzeigten, schien wirklich alle Eigenschaften eines Firmahn zu besitzen. Er änderte sogleich seine Sprache, wurde demüthig und sagte:
„Herr, ich weiß, daß ich in Assuan einer schweren Strafe entgegengehe, aber wer vermag Euch zu widerstehen? Euch zu Gefallen werde ich ohne Gclcitsschein fahren; ich werde thun, was Ihr verlangt und Eure Wünsche auf mein Haupt und vor meine Augen nehmen; ich bin Euer demüthiger Diener."
Zehn Minuten später fuhren wir ab; nach einer ständigen Fahrt landeten wir in Assuan. Der Reis empfing keine Strafe, aber auch kehre Löhnung, sondern nur einen seinen Diensten entsprechenden Bakhschiesch, weil unsere Barke als Eigenthum der Regierung angesehen wurde.
So befanden wir uns in dem sehnlich herbeigewünschten Pa-