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Wie man sieht, hat die Angelegenheit nicht nur für gut situierte .kreise, die sich allenfalls um theures Geld eine trefflich geschulte Pflegerin aus England kommen lassen können, sondern gerade für solche Leute eine sehr große Bedeutung, die vom Verdienst leben müssen, wo die Frau nicht ausschließlich sich dem häuslichen Berufe widmen kann, sondern amGeschäft" sich betheiligen und daher die Pflege des Kindes einer anderen Person anvertrauen muss. Das sind übrigens gar nicht selten nicht die ärmeren; sie würden eine solche Hilfskraft auch gut zahlen, wenn sie nur eine vertrauenswürdige und unterrichtete Person erhalten könnten. Wie sieht es aber erst bei uns in den tieferen Schichten aus! Wir haben eben von dem, was im Auslande sich schon so segens­reich bewährt hat, nämlich von der berufsmäßigen Übernahme solcher Dienstleistungen in unbemittelten Familien durch eigens herangezogene Kräfte siir die öffentliche Armen- und Krankenpflege, womit auch partiell die hier berührte Frage im Zusammenhange steht, keine Ahnung!

Zwar besteht in Österreich eine, sage eine Stiftung für die Ausbildung von Pflegerinnen für solche Kinder. Es ist dies das Dr.Johann Bieh ler'sche Kinderwärterinnen-Bildungsinstitut" in Wien, verbunden mit demSt. Josefs-Kinderspital" aus der Mieden. Es stammt aus dem Jahre 1835 und verfolgt nach der ihm von Dr. Biehlerch vorgezeichneten Norm die Tendenz:Kinderpslegerinnen heranzubilden, damit diese so wichtige und größtentheils so unwissende und rohe Dienst­botenclasse zu einer vernünftigen und humanen Behandlung der ihnen anzuvertrauenden Kinder zweckmäßig angeleitet werde". Nach dem letzten Vertrage der Stiftungsbehörde mit der Spitalsverwaltung vom 2. Jänner 1867 hat sich das erwähnte Spital verpflichtet,jährlich acht Kinderwärterinnen auszubilden", und zwar sind dies gegenwärtig Laienschwestern". Also für das ganze Reich acht Pflegerinnen eine wahrhaft imposante Ziffer, die man sich merken muss! Das ist so ziemlich alles, was man da in Österreich verzeichnen kann; wenigstens ist es mir trotz eindringlicher Nachforschungen nicht gelungen, ein Mehr zu constatieren. Sollte aber auch ein oder die andere kleine Pflege- schule da sein, was würde das angesichts der Größe der Ausgabe und des Bedarfes bedeuten? Alle Spitäler für Kinder befassen sich nur mit kranken, nicht mit gesunden Kindern. Ähnlich verhält es sich bei rein privaten Unternehmungen einzelner Vereine mit Ausnahme der Krippen und Bcwahranstalten. Diese sind aber auch in ganz unzu-

Dr. Biehler war Erzieher der Söhne des Erzherzogs Kgrl. Näheres s.Jahrbuch der Wiener Kranken-Anstalten" 1894,Geschichte der Kinderspitäler in Wien", bei Braumüller 1896.