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Theil zwar der grundsätzlichen Ansicht, dass überhaupt fremde Sprachen in intensiver und für die Praxis brauchbarer Weise nur in eigenen Eursen erlernt werden können, welche wenig Schüler gleichzeitig unter­richten und über eine große Stundenzahl mindestens sechs Stunden in der Woche verfügen. Ähnliches gilt auch für die Aneignung einer Fertigkeit wie der Stenographie, im Gebrauche der Schreib­maschine u. dgl., deren Kenntnis gegenwärtig für den kaufmännischen Dienst unerlässlich ist. Für gewisse commercielle Unternehmungen und Stellungen würde vielleicht auch eine höhere Allgemeinbildung erforderlich sein; diese Fälle sind aber zu singulär, als dass sie einen eigenen Schul- organismus erheischen und rechtfertigen würden. Unter allen Umständen muss im Auge behalten werden, dass solche Schulen stets dem praktischen Bedürfnisse Rechnung tragen und in Bezug aus das Unterrichtshonorar keine zu hohen Anforderungen stellen, wie dies gegenwärtig an Privat- unternehmungen dieser Art der Fall ist. Gut vorgebildete weibliche Kräfte werden in kaufmännischen Kreisen gerne verwendet und gesucht.*) Nichtsdestoweniger muss man vor der Ausbildung zu zahlreicher Bewerbe­rinnen für derartige Stellungen dringend warnen, gerade weil dieser Beruf auch bei den Töchtern der mittleren Stände in die Mode gekommen ist, und da ein empfindlicher Rückschlag unvermeidlich wäre.**)

3. Eurl'e kür die Heranbildung von weiblichen Hilfskräften für den Dienst in Kanzleien, Bureaus u. a.

Man hat auch bei uns schon seit einiger Zeit die Wahrnehmung gemacht, dass Mädchen und Frauen mit einer entsprechenden sachlichen Vorbildung im Kanzlei- und Bureaudienst, bei Advocaten, Notaren, bei Manipulations-, Expeditions- und Registratursarbeiten in ver­schiedenen, administrativen Zweigen (bei Meldungsämtern der Polizei, Evidenzhaltungskatastern, Genossenschaftsämtern, im Dienste der Justiz- und Communalverwaltungen u. s. w.) sich als ganz brauchbar erwiesen haben. Die Nachfrage nach solchen weiblichen Hilfskräften ist denn auch eine allmählich, aber stetig steigende. Gegen andere Berussarten

zweiclassige Schulen die Organisation der Handelsschule des Schulvereines für Beamtentöchter in Wien und des Wiener Frauen-Erwerbvereines gelten.

Freilich spielt da auch der Factor eine gewichtige Rolle, welchen Professor v. Philippovich alswirtschaftliche Schwäche der Frau" bezeichnet hat, nämlich die geringere Entlohnung bei gleicher Leistung wie die männliche Kraft, eine an sich durch nichts zu rechtfertigende Ausbeutung der weiblichen Arbeitskraft.

**) Vgl. den beachtenswerten Artikel:Weibliche Handelsangestellte" von Caroline Gronemann in den Toc. d. Fr., Bd. II, S. 624 u. folg.