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teruug der Ausbildung über eine höchst wertvolle. Ein nicht geringer Vortheil wäre auch der, dass die Arbeitsvermittlung nach der jeweiligen Nachfrage sich organisch vollziehen könnte, und dass es in der Hand der bezüglichen Corporationen läge, die Regu­lierung derselben durch Beschränkung oder Zulassung von Bewerbern zum Fachbildungseurse nach Maßgabe des Bedarfes an geschulten Kräften zu gestalten und zu beeinflussen. In unserer destructiven Zeit und bei der, so leicht ephemeren Zielen zustrebenden Art des Wirt­schaftslebens, ist es gewiss nicht zu unterschätzen, wenn auch in den niederen Schichten eines Berufskreises das Gefühl der Arbeits- und Standeszugehörigkcit geweckt und rege erhalten wird.

Nach den amtlichen Ausweisen der Justizverwaltung*) gab es im Jahre 1898 in Österreich 4009 in die Advocatenliste eingetragene Advocaten (gegen 1897 mehr um 109). Davon entfielen auf Nieder- österreich (Wien) 1032 und aus Böhmen 10ö1 Advocaten. Ferner waren zu Beginn 1898 im ganzen in Österreich 1040 Notare (in Nieder- österreich 129), beziehungsweise 1111 systemisierte Notariatsstellen, aus­gewiesen. Rechnet man durchschnittlich zwei Kräfte eine männliche und eine weibliche für eine Kanzlei und nimmt dazu die nicht un­bedeutende Zahl der in anderen, ähnlichen Diensten benöthigten Per­sonen, so ergäbe sich auch hier die Möglichkeit, für taufende weibliche Arbeitskräfte ein relativ gutes Unterkommen zu finden. Je nach der Natur des Berufskreises wären solche Fachcurse, deren Besuch als obligatorisch für die Ausnahme in den Dienst zu normieren wäre, auch verschieden einzurichten, etwa in einem ähnlichen Rahmen wie der vom Lette-Verein in Berlin erhaltene sechsmonatlicheSpecialcurs für Beamtinnen".**) Ob solche Curse etwa für gewisse Berufszweige sich auch alsStundenschulen" einrichten ließen, müsste sich erst zeigen: in der Regel wird Hiebei wohl eine längere Zeit benöthigt werden. Die Curse müssten am Sitze der betreffenden Kammern und Direktionen errichtet und auch als Anstalten derselben geführt werden.

*) Verordnungsblatt des k. k. Justizministeriums vom 8. Juli 1898, Stück Nr. XIII, S. 126 u. folg.

**) Dieser 1865 von dem Socialpolitiker Wilh. Ad. Lette in Berlin gegrün­dete Verein zur Förderung der Erwerbsthätigkeit der Frauen unterhält seit einiger Zeit einen solchen Specialcurs, der sich sehr bewähren soll. Derselbe umfasst eine populär gehaltene, auf die praktischen Ziele dringende Unterweisung inRechts- nnd Bureaukunde" <4*., WochenstnnderO, in Stenographie (6 Wochen- stunden), in der Ausbildung auf der Schreibmaschine (4 Wochenstunden). In neuester Zeit wurde an diesem Curse auch ein Rechenunterricht eingeführt.