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überraschende Entdeckung Krauts, das Glycerin krystallisirfähig zu erhalten, scheint ganz besonders geeignet, einer praktischen Verwerthung fähig zu werden.

Die Anwendung des Glycerins hat sich in den letzten Jahren sehr bedeutend gesteigert; nach einer annähernden Schätzung sol­len 1869 blos nur zum Zwecke der Weinversüssung (Scheelisiren) in den weinproducirenden Ländern gegen 20.000 Ctr. Glycerin verbraucht worden sein; an diese grossartige Verwendung reiht sich der Massen-Consuin des Glycerins als Conservations-Mittel der Haare und der Haut, und für medicinische Zweke. Das Gly­cerin bildet die Grundlage zur Darstellung des in Dynamit-Form zu Sprengungen ausgedehnt angewendeteu Nitro-Glycerins.

Glycerin wird mit Vortheil zum Dichten der Fässer, in denen Petroleum aufbewahrt werden soll, verwendet und als hervor­ragender Industriefortschritt muss die Glycerin-Schlichte bezeichnet werden, bei deren Anwendung die Weiter von feinen Mousselin- Stoffen nicht mehr wie bisher angewiesen sind, in feuchten und ungesunden Kellergeschossen zu arbeiten, sondern ihre Thätigkeit auch in trockenen und gutgelüfteten Localen verrichten können.

Das ursprüngliche Hausgewerbe der Kerzengiesserei hat sich nach und nach zu einer colossalen Fabrieation von Stearinkerzen entwickelt, und wenn wir auch den ausgestellten Tempeln, Obe­lisken und sonstigen Arten eines Riesengusses mit Stearin-Masse keinen besonderen technischen oder industriellen Werth zuerkennen dürfen, so können wir dessenungeachtet gerade solche Massen- Darstellung als Beweis hinnehmen über die grossartigen Anlagen der Fabriken, welche sie darstellen konnten.

Das Rohmaterial der Stearinkerzen - Industrie ist gegen­wärtig Palm-Oel und Talg, in Cincinnati auch Schweinfett, und an vielen Orten werden sogenannte Apollo - Helios oder Melanyl- Kerzen aus einem Gemenge von Stearin und weichem Paraffin erzeugt. Die Darstellung der Stearin-Massen erfolgt entweder durch Verseifung der Fette mit Kalk oder durch Zersetzung mittelst Schwefelsäure und darauf folgende Dampf-Destillation, oder endlich durch Fetteinwirkung von hochgespanntem, überhitztem Wasser­dampf.