des Geisteslebens und kommt nicht auf unter Volksstimmen, denen die nüchterne Beobachtung der Wirklichkeit, der Beweis der Wahrheit durch Vernunftgründe als Pflicht uud Ehre gilt. Die orientalische Stickerei sucht nicht die Natur als solche nach­zubilden, sie spielt mit ihren Formen und sucht dieses Spiel durch Farbenreichthum, den sie durch Gold und Silber noch zu heben weiss, überaus anmuthig zu machen. Pantoffeln, Käppchen, Tabaksbeutel, selbst prachtvoll gestickte Sättel waren in der türkischen und tunesischen Abtheilung zu bewundern, ebenso eine eigenthümliche Art aus bunter Seide, Gold- und Silberfäden gearbeiteter Blumen, die zugleich etwas von Spitze oder Posa­mentier-Arbeit hatten. Näher unserem Geschmack und zugleich dem europäischen Markt angepasst, stehen die Stickereien von Beseht, einer Stadt am Kaspischen Meere. Auf buntem Tuch, Mittelstücke und Ecken zuweilen durch abstechend gefärbte Stücke aufgelegt, sind sie in bunter Seide in allerlei Arabesken und Palmen-Mustern gestickt und für Kissen, Tischdecken, Por­tieren und derartiges bestimmt, eine Arbeit, die ohne allzu­grosse Mühe dem Geschmacke der Arbeiterin freie Entwicklung gönnt und für den Schmuck der Wohnräume sich überaus wirk­sam erweist. Keine Frauen-Arbeit, aber ein Muster an Farben­harmonie, war der grosse persische Teppich in der gleichen Ab­theilung.

Indien stickt mit Vorliebe durchsichtige Stoffe in Gold und bunter Seide und in oft prachtvollen Mustern, das Höchste dieser Technik aber stellt China und Japan in jenen auf beiden Seiten völlig gleiehmässig gearbeiteten Crepon-Tiichern aus, die weder Anfang noch Ende des Fadens verrathen und in aufrechtstehenden Kähmen gestickt, der Arbeiterin den gleichmässigen Ueberblick über beide Seiten des Stoffes gewähren. Gleichwie ihre Malerei ohne Schatten, ist es auch die Stickerei der Chinesen; ihre For­men sind barock und völlig unregelmässig, haben aber für sie symbolische Bedeutung. Bisher copirten wir einzig diese wunder­lichen Formen statt der Technik und des Farbenreizes, die bei jenen Arbeiten unser ästhetisches Gefühl mit ersteren versöhnen: es ist vor Allem die Farbenpracht des Vogelgefieders, die sie