Es ist naturgemäß, dass, nachdem die Eisenbahnen in wirthschaftlirher und technischer Beziehung eine so enorm gesteigerte Bedeutung gewonnen, die Eisen-Industrie, sowohl rück- sichtlich der Erzeugung vorzüglichen Materiales, als verbesserter Walzverfahren bei der Herstellung von Bahn-Schienen, einen mächtigen Aufschwung genommen hat. So konnte es auch nicht ausbleiben, dass fast sämmtliche bedeutendere Walzwerke Europas an der Ausstellung durch Schienenmuster vertreten waren* *).
In Bezug auf Profil-Formen hatte die Ausstellung bei einzeiligen Schienen keine Neuerungen zur Darstellung gebracht. Das Vignol-Systein ist nun einmal, nach langem Kampfe, fast allgemein zur Geltung gekommen: nur auf einzelnen französischen, englischen und italienischen Bahnen ist das System der symmetrischen Stuhl-Schienen noch in Anwendung.
Immerhin macht es einen deprimireuden Eindruck, zu sehen, dass nach jahrelanger Praxis im Eisenbahnwesen und der reichen Summe von Beobachtungen und Erfahrungen man es noch nicht dahin gebracht hat, eine allgemein gütige Scala normaler Schienen-Profile festzusetzen, aus welcher jede einzelne Bahn,
Schienen keine Rechenschaft über deren Dauer im Allgemeinen abgeben. Der einzig richtige Weg zu vergleichenden Versuchen ist das Einschalten der Versuchs-Schienen auf kürzere Str> cken, z. B. in Gruppen von 6 bis 8 Schienenlängen in ein und dieselbe Bahn. Nur so kann man, da die Inanspruchnahme in jeder Hinsicht von gleicher Art und Grösse ist, eine zuverlässige Vergleichungsbasis für die Qualität der einzelnen Probestücke erhalten, und es ist die Anzahl der bei einer gewissen transportirten Bruttolast beschädigten oder unbrauchbar gewordenen Schienen als Coefficient für deren Güte zu betrachten.
*) Probestücke für die Festigkeit gegen Biegung, Torsion und Bruch zeigten an mannigfaltigen Beispielen, besonders in der belgischen, österreichischen und deutschen Abtheilung die Vorzüglichkeit des Materiales hinsichtlich Zähigkeit und Elasticität der Faser, Homogenität und Feinheit des Gefüges, sowie die ausserordentlichen Leistungen der neueren Schweissund Walz-Processe. Ganze Musterreihen von Stahl- und Eisen-Schienen mit allen denkbaren Biegungen und Verdrehungen gaben Zeugniss von der Güte des Materiales und der tadellosen Durchführung der Arbeit. Interessant war das Probestück einer Bessemer Stahl-Schiene in der englischen Abtheilung, web lies nach zehnjährigem Gebrauch, nachdem eine Last von 60 Millionen Tons darübergerollt, nur l min Abnützung an der Lauffläche erlitten hat.