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Zeit fortgepflanzt. Es war damals Sitte, dass jeder Fabrikant seine Hausappretür hatte, und bestand der Hauptvorth eil in der öfteren und sorgfältigeren Vornahme von ,,Vor- und Nachglanzen.

Was nun den gewerbsmässigen Betrieb der Bandappretur betrifft, so wurde derselbe durch den Franzosen Laurent Granadia, aus Lyon stammend, gelernter Kaufmann, Seidenfärber und Handmacher, eingeführt der als neunzehnjähriger Officier mit der napoleonischen Armee im Jahre 1809 nach Wien kam. Durch eine Blessur aber an einer bal­digen Abrückung verhindert, verblieb derselbe in Folge verschiedener Verhältnisse gänzlich in Wien, wq er auch einige Zeit als Band- machergeselle Lebensunterhalt fand. Vor seiner Etablirung in Wien (1831) begab er sich auf längere Zeit nach Lyon, um die dortige Bandappretur gründlich zu erlernen, und richtete mit den von dort mitgenommenen Apparaten hier eine Appretur für Bänder ein, die sich des besten Erfolges zu erfreuen hatte.

Obwohl sich auch diese Modeband-Appretur noch in den Kinder­schuhen befand, erregte sie doch bei den damaligen Bandfabrikanten Sensation und bewirkte eine Umwälzung in der Bandfabrication selbst. Artikel, die man bisher in Ermanglung der hiezu erforderlichen Appretur nicht anzufassen wusste, konnten nun erzeugt werden, andere Waaren, die man sonst vom Webstuhl weg zum Verkaufe brachte, wurden nun appretirt, um denselben ein schöneres Ansehen und gefälligeren Griff zu verschaffen, oder man erzeugte selbe nun leichter und liess die fehlende Qualität durch die Appretur ersetzen; kurz, man sah jetzt erst ein, wie nothwendig und unentbehrlich diese Appretur für die Bandfabrication sei, wollte man auch in diesem Industriezweige mit dem Auslande gleichen Schritt halten. Erst von der Zeit ab wurden alle Gattungen Atlas- und Florbänder sowie alle jene Artikel er­zeugt, die vorher gar nicht oder nur sehr mangelhaft zu Stande kamen.

Granadia war auch bemüht, sein von ihm in Wien gegründetes Gewerbe immer vollkommener und leistungsfähiger zu gestalten; statt eines Calanders und zwei sehr primitiver Appreturmaschinen brachte er es bald auf 10 Maschinen, welche alle die fortschrittlichsten Neue­rungen und Verbesserungen aufzuweisen hatten, und trotzdem konnten die anstürmenden Kunden nur schwer befriedigt werden, denn es musste oft auf die Zurichtung der Bänder 814 Tage, ja noch länger gewartet werden.

Das Modeband-Appreturgewerbe florirte bis über die Fünfziger­jahre.