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Gewerbetreibenden auf dem Lande und der Bauern angehören. Unter solchen Verhältnissen ist leider auch die Vorbildung der Lehrmädchen gewöhnlich eine sehr geringe; von einer Kenntniss des Zeichnens oder Malens, was so sehr nothwendig wäre, ist selten eine Spur vorhanden. Es ist die unentgeltliche Aufnahme in die Lehre mit gänzlicher Verpflegung und vierjähriger Lehrzeit allgemein üblich, ohne Verpflegung beträgt die Lehrzeit drei Jahre.

Bas Lehrmädchen muss, um als Arbeiterin den in Bezug auf die Art der Verwen­dung vielfach wechselnden Anforderungen entsprechen zu können, alle Arbeiten sich aneignen, und nach dieser ihrer Gesam m tleist ungs-F ä liigke it wird der Monatslohn bestimmt. Der monatliche Arbeitslohn beträgt 12 bis 30 fl., im Durch­schnitte 15 fl., wobei zu bemerken ist, dass die Arbeiterinnen nebst dem Lohne auch volle Verköstigung erhalten. Bei den Blumenmacherinnen sind die verschiedensten Alters­stufen vertreten, das Vorwiegen einer bestimmten Alterskategorie lässt sich nicht con- statiren.

Die Arbeiten werden meistentheils an den Betriebsstätten verrichtet, nur grössere Fabriken haben Arbeiterinnen ausserhalb des Fabrikslocales. Die tägliche Arbeitszeit um­fasst die Stunden von 7 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends, mit Einschluss der üblichen Ruhepausen.

Gegenwärtig sind bei diesem Industriezweige in Wien und Umgebung (in circa 400 Gewerben) 1800 bis 2000 Arbeiterinnen und Lehrmädchen beschäftigt, ein Drittheil ent­fällt auf Lehrmädchen.

Die Blumen- und Laubfabrik der Gräfin Baudissin beschäftigt etwa 20 Arbeiterinnen, welche ausser guter Anlage selten andere Befähigung mitbringen und erst in der Fabrik herangebildet werden. Das Laub, dessen Rohstoff Battist oder Wollstoff ist, wird in der Fabrik in Steiermark angefertigt. Auch einige Arbeitsprozesse an den Blumen werden hier ausgeführt. Das Färben des chinesischen Papieres, aus welchem die Blumen hergestellt werden, sowie das Montiren wird in Wien besorgt. Die verschiedenen Arbeitsprozesse sind den oben geschilderten gleich; das Abnehmen jedoch von der Natur und die Behandlung des Papieres sind Geheimniss der Gründerin, Besitzerin und Leiterin der Fabrik. Der wö­chentliche Verdienst der Mädchen, welche zumeist den Altersclassen von 12 bis 20 Jahren angehören, beträgt 4 fl. bis 6 fl.

Fabrikation von Schmuckfedern.

Ausgenommen das Färben der Federn, das zumeist von Männern besorgt wird, sind in diesem Industriezweige die weiblichen Arbeitskräfte vorwiegend. Ueber die Fabrikation selbst, die in einigen Etablissements mit der Blumenfabrikation verbunden ist, sonst aber selbstständig betrieben wird, ist Folgendes zu bemerken:

Unter den vielen Arten von Federn, welche uns die Natur bietet, ist die afrikanische Straussfeder diejenige, mit der sich die Fabrikation am meisten befasst. Es gibt weisse, schwarze und graue Straussfedern und Schecken. Die Federn werden nach Qualität in Prima, Secunda etc, eingetheilt. Von den sonstigen Vögeln, deren Federn häufiger verar­beitet werden, sind insbesondere der weisse Edelreiher, der Paradiesvogel und der Maraby (es gibt echte und unechte Marabufedern) zu nennen.

Die weisse Prima-Straussfeder ist die schönste von allen. Um die Feder zu reinigen, bringt man sie in ein kaltes Seifenbad, wäscht sie zwei- oder dreimal gut durch, und gibt sie dann in w^arme Seifenbäder. Nach diesen Bädern wird die Feder in reinem