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Erster Theil
Entstehung
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schleiertc. Wir waren sehr froh, nach halbstündigem Ritte einen der europäischen Gasthöfe Kairo's erreicht zu haben.

Unsere Körperkräfte waren so erschöpft, daß wir uns sogleich nach unserer Ankunft zu Bett begeben mußten. Man rief einen italienischen Arzt, um uns zu behandeln, und bestellte einen ara­bischen Lohnbedientcn zu unserer Pflege. Bis zum elften August lagen wir fest darnieder. Die Kopfschmerzen wurden oft so heftig, daß wir von einer Ohnmacht in die andere fielen. Ich erinnere mich nur weniger Tage, an denen wir volles Bewußtsein hatten und mit einander sprechen konnten.

Ein solcher war der siebente August. Wir lagen matt und kraftlos auf unseren Betten und klagten über die entsetzliche Schwüle der Luft. Plötzlich vernahmen wir ein donnerähnlicheS Rollen, Geschrei und Wehklagen auf der Straße, Gebrüll von Thieren und eiliges Laufen auf den Korridors; unsere Bcttgestelle schwankten, die Thüren des Zimmers flogen auf und zu, klirrende Fensterschei­ben, zerbrechende Gläser stürzten zum Fußboden herab, an einzel­nen Stellen des Zimmers löste sich der Mörtel von den Wänden und fiel polternd im Zimmer nieder, wir wußten uns die Er­schütterung nicht zu deuten. Ein neuer, stärkerer Stoß folgte dem ersten, wir hörten das Einstürzen von Mauern in unserer Nähe und fühlten, wie unser Haus in seinen Grundfesten schwankte. Da wurde uns das Phänomen entsetzlich klar: ein Erdbeben erschütterte die Hauptstadt. Und ohne Hülfe lagen wir, krank und elend, allein in unseren Betten, kaum fähig, uns zu bewegen, nicht im Stande, gleich den anderen Reisenden hinaus in's Freie zu flüch­ten ; unsere Lage war eine gräßliche. Die Naturerscheinung währte kaum eine Minute, uns wurde diese Zeit zu einer Ewigkeit. Ich erinnere mich noch heute sehr wohl der schauderhaften Vorstellung unseres geängsteten Geistes; das Einstürzen des Hauses fürchtend, betrachteten wir mit Todesangst die zersprungenen Mauern und er­gaben uns mit verzweifelter Resignation in das bevorstehende Schick­sal. Aber unser von Europäern erbautes Haus hielt die starke Erschütterung aus; nach wenigen Minuten verkündigte uns der herbeieilende Diener unsere Rettung. Das Erdbeben begrub in