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„Beuget das Haupt, des Samuhms Athem weht,
Gottes Geisel vorüber geht.
Allah! Erbarmen unsrer Noth!
Allah! Des Todes Engel droht!
Himmel, Du weichst, die Hölle will siegen,
Rettung send' uns, die wir im Staub vor Dir liegen!"
Ein lange anhaltender Samuhm ermattet Menschen und Thiere mehr, als alle übrigen Beschwerden der Wüstenreise. Und dabei bringt er neue, bisher nie gekannte Qualen über den Reisenden. Schon nach kurzer Zeit springen ihm, weil die heiße Luft alle Feuchtigkeit entzieht, die Lippen auf und fangen an zu bluten; die Zunge hängt trocken in dem nach Wasser lechzenden Munde, der Athem wird übelriechend, alle Glieder erschlaffen. Zu dem grenzenlosen Durste gesellt sich bald ein unerträgliches Jucken und Brennen am ganzen Körper, die Haut ist brüchig geworden nnd in alle Risse dringt der feine Staub. Man hört die lauten Klagen der Gemarterten; zuweilen arten sie in förmliche Raserei aus, zuweilen werden sie schwächer und schweigen zuletzt ganz. Im ersteren Falle ist der Arme wahnsinnig geworden, im letzteren hat das mit fibrischer Hast durch die Adern strömende Blut den Kopf so beschwert, daß Bewußtlosigkeit eingetreten ist. Der Sturm ermattet, aber mancher Mensch erhebt sich nicht mehr: ein Gchirnschlag hat seinem Leben ein Ende gemacht. Auch mehrere Kamele liegen in den letzten Zügen.
Und der Ueberlebende ist nicht glücklicher. Der Durst tödtet auch ihn, langsamer, aber qualvoller. Sein Reitthier ist gefallen, die Schläuche sind fast ganz geleert. Er versucht zu Fuße zu gehen, der glühende Sand verursacht in Kurzem die schmerzhaftesten Brandwunden. Jeder ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als daß er dem Kranken die nöthige Pflege angedeihen lassen könnte; alle Banden der Ordnung reißen, die Treiber suchen auf den noch kräftigen Kamelen zu entfliehen, — es würde der Untergang der ganzen Karawane zur Folge haben, wenn es ihnen gelänge — man muß es ihnen wehren. Das Gepäck wird abgeladen, nur die das Wasser tragenden Kamele bleiben belastet; jedes Mitglied der Karawane hat im glücklichsten Falle noch ein Kamel zum Reiten,