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welche gezwungen sind, mehrere Jahre nach einander in Charthum zu leben, während dieser Zeit sterben. Die Lage der Stadt selbst, zwischen zwei, während der Regenzeit anschwellenden und dann große Sümpfe bildenden Flüssen, würde zwar auch unter unserem Him­mel eine der Gesundheit schädliche sein, allein die Sterblichkeit ihrer Bewohner steht mit der einer gleich ungünstig gelegenen Stadt Europa's in keinem Verhältniß. Das Klima des Sudahn ist es, das dem Menschen verderblich wird: ein Klima, welches dem Schwar­zen ebenso wenig zusagt, als dem Weißen, welches den Eingebor- nen ebenso leicht hinrafft, als den Fremdling. Die Krankheiten sind im Sudahn so rapid, daß sie oft in wenig Stunden den Tod her­beiführen. Sie sind theilweise durch gewisse Jahreszeiten bedingt, treten aber sporadisch auch das ganze Jahr hindurch auf.

Man kann im Sudahn hauptsächlich zwei Jahreszeiten unter­scheiden: die Zeit der Dürre und die Regenzeit, oder Som­mer und Winter. Zwischen beiden giebt es keine Uebergängc: die eine folgt plötzlich auf die andere. Beide stehen sich feindlich ge­genüber: was die eine hervorruft, sucht die andere zu vernichten. Die Regenzeit ist die Zeit des Lebens: sie wandelt das Land in einen blühenden Garten um; die Dürre vernichtet die Vegetation und quält die Geschöpfe.

Der Charles*), wie der Araber die Zeit der Regen nennt, beginnt in Charthum im Juni oder Juli und währt bis Mitte des Oktober. Im Süden regnet es früher und heftiger, als im Nor­den; die Regen kommen von oben herab und ziehen sich bis zum achtzehnten Grade der nördlichen Breite nach dem Mittelmecre hinab. Man kann sich von dem trostlosen Zustande der Natur vor und dem lebenskräftigen Schaffen derselben während und nach der Re­genzeit keine Vorstellung machen. Der Charles erweckt Alles zu neuem Leben; er kleidet die verbrannte Steppe in ein neues, blü- thcnreiches, duftiges Gewand.

Wenn in den Monaten März und April die Sonne ihre Gluth-

*)Drei Monarc zwischen Sommer und Winter, in denen man Früchte einsammelt.''