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Erster Theil
Entstehung
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308
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Die Einwohner leben unter ganz ähnlichen Verhältnissen, als die Charthum's, sind aber, falls dies möglich, noch mehr sinnlichen Genüssen ergeben, grenzenlos ausschweifend und deshalb häufig zu Verbrechen geneigt. Erst nach Sonnenuntergang geht das eigent­liche Leben an; während der Hitze des Tages bleibt man schlafend im Tokhul und verläßt diesen nur gezwungen, z. B. um auf den Markt zu gehen oder wirklich einmal eine Arbeit zu verrichten. Nachts hört man Gesang, das Klatschen taktschlagendcr Hände, Tarabukcnschall und andere Tanzmusik: man macht irgendwo Fan- thasie. Da geht dann die Liebe ihre heimlichen Wege und mit ihr der behutsam von Tokhul zu Tokhul schleichende Dieb, denn an ihnen ist die Hauptstadt sehr reich. Man darf Das, was die tür­kische Regierung, um diesem Uebel zu steuern, gethan hat, nicht verkennen. Noch vor einem Jahrzehnt war Niemand seines Eigen­thums sicher. Jetzt macht man mit einem eingebrachten Diebe kur­zen Prozeß: er wird ohne Weiteres vor dem Palaste des Gouver­neurs aufgeknüpft. Musthafa-Pascha, der damalige Mudihr, war eine wahre Geisel aller Diebe und Räuber; die ersteren wur­den gehängt, die letzteren vor die Mündung eines Geschützes, wel­ches dann abgefeuert wurde, gebunden.

Zu allen Arbeiten, welche die Faulheit der Einwohner scheut, gebraucht man hier die Packesel aller Stände, die Sklaven. Sie müssen Gärten und Felder bewässern, das Vieh hüten, Häuser bauen, Dornengehege errichten, daS Feld bebauen rc., während ihr Herr unthätig im Tokhul liegt oder sich mit der edlen Mericsa be­schäftigt. Bei allen ihren schweren Arbeiten sind sie dennoch mit gewichtigen Ketten gefesselt. Wegen geringer Vergehen werden sie unmenschlich bestraft.

Die Frauen Kordofahn's haben ebenso gut ihre Sklavinnen, als die Männer ihre Sklaven. Sie selbst arbeiten nur höchst We­nig, gehen gern müssig und scheuen die Sonne, um sich eine lich­tere Hautfarbe, als die derjenigen Weiber ist, welche sich den Sonnenstrahlen oft aussetzen müssen, zu erhalten. Man findet auch wirklich, daß ihre Farbe zuweilen so hell, als die dunkler Eu­ropäerinnen ist. Ihre Körpergestalt ist idealisch schön zu nennen.