sich, sie wollen das Ufer schwimmend zu erreichen suchen; an Rettung des Schiffes denkt Niemand mehr, den Rudern fehlen die Arbeiter, dem Steuer die Leiter. Die Barke jagt noch immer zwischen den Felsen hindurch, aber nach allen Seiten strömt Wasser ab, unser Fahrwasser muß immer seichter werden. In dieser allgemeinen Noth übertönt die Stimme des siebenzigjährigen Bcllahl, des „.4,ku sl lUüsilm," des Vaters der Schiffsführcr, das Stimmengewirr des jammernden Schiffsvvlkes, das Brausen des Katarakts: „An die Ruder, ihr Helden*)! Seid ihr denn toll, ihr Kinder der Heiden? Arbeitet, arbeitet, ihr Hunde, ihr Knaben, ihr Männer, ihr Tapferen, ihr Braven! Maschallah! .4,1 Kür keritrm! ja .4üleür amM"**)! Er selbst handhabt das Steuer. Da flieht nach links ein starker Arm ab, in ihn lenkt Bcllahl die Barke, verfolgt den Lauf des StromzwcigeS mit sicherer Hand und erreicht freies Fahrwasser. Die Gefahr ist überstanden, unsere Gcwehrsal- ven begrüßen das am Horizonte auftauchende Palmendorf Wadi- Halfa. Die Araber fallen auf ihr Angesicht und beten wie vor der Abfahrt die Fathcha: „Lob und Preis Dir dem Weltenherrn!"
Eine halbe Stunde später landen wir in Wadi-Halfa. Wie belohnend ist uns das Gefühl, ein solches Wagniß glücklich überstanden zu haben! Und dennoch möchte auch ich den Katarakt von Wadi-Halfa, nachdem er mir einmal seine Schrecken enthüllt, zum zweiten Male nicht passiren. —
Es ist allmählig Abend geworden. Die Matrosen haben ein Schaf erhalten, sitzen und liegen am Ufer unter den Palmen herum und starren in das Feuer, an welchem es gebraten wird. Der liebliche Abend scheint auch sie zu ergreifen. Schon ertönt die Tam- buhra, die Melodie wird lauter und lauter. Es ordnen sich Gruppen zum Tanze. Noch spät in die Nacht hinein erschallt ihr Jauchzen und Händeklatschen. Einer von ihnen hat Mericsa aufgefun-
*) Ei» sehr beliebter arabischer, jmigeu Männern schmeichelhafter Ausdruck.
**) Bei ähnlichen Gelegenheiten folgen Schimpf und Schmeicheleien, rasch auf einander. Die letzten arabischen Worte bedeuten: „Gott ist gnädig" und „Bei Gott, macht!"