4

weis ihrer erlernten Kunstfertigkeit durch eine wirkliche von ihnen gemachte Meisterprobe (Meisterstück) erbrachten.

Ursprünglich wurde die Ausdehnung der Bruderschaft auf 24 Mit­glieder beschränkt, zugleich eine Vergrösserung bis 30 zugestanden, da ja auch Consum und Yerschleiss sich vermehren unddie Meister­schaft dabei bestehen könnte, um Weib und Kind zu ernähren, es sogar mehreren Meistern möglich sein dürfte, durch Etablirung von Fabriken nicht allein Wien, sondern auch das ganze Land mit der Zeit dergestalt mit Waaren zu versehen, um die weitere Einführung derselben aus fremden Ländern entbehrlich zu machen und das sonst hiefür hinausgegangene Geld im Lande zu erhalten, und solche Waaren zu männiglich sattsamben Vergnügen allhier fabricirt werden könnten.

Sollte sich der Yerschleiss der fabricirten Seidenzeuge derart steigern, dass die Zahl von 24 bis 30 Mitbrüdern nicht ausreichen würde, so wäre die Aufnahme noch einiger Mitbrüder in die Con- fraternität gestattet.*)

Ein merkwürdiger Gegensatz zu dieser klugen Voraussicht besteht in der Anordnung, dass ein Meister nicht mehr als sechs Stühle haben dürfe, widrigens ein solcher im Betretungsfalle das erstemal um 6 fl., das zweitemal um 12 fl. und das drittemal durch Wegnahme des Stuhles bestraft würde. * 2 )

Es ist kein Erklärungsgrund dieser strengen Massregelung bei­gefügt, die um so mehr auffällt und ungerechtfertigt erscheint, da man doch von dem Bestreben beseelt war, die Seidenzeugindustrie möglichst zu fördern, diese Beschränkung aber gerade zum Hemm­schuh zumal für intelligente, vorwärts strebende Fabrikanten werden musste. 3 )

Es fehlt uns an Daten, wie lange diese widernatürliche Ver­ordnung beobachtet worden; nachweisbar ist jedoch, dass zur Zeit, Maria Theresias schon Fabriken mit ziemlich bedeutendem Betriebe bestanden. Schon seit Gründung der kais. priv. Orientalischen Compagnie, welche auf das Emporblühen der Wiener Industrie im Allgemeinen und der Seidenindustrie im Besonderen von bedeutendem Einflüsse

0 Punkt 6 des Zunftbriefes.

2 ) Punkt 16 des Zunftbriefes.

3 ) Allem Anscheine nach war es dabei nur auf eine Erweiterung des Gewerbes durch Vermehrung der Meister, aber nicht auf die Vergrösserung der Einzelbetriebe abgesehen.