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Aus dem Jahre 1761 liegt ein Gesuch an die Hofcommission vor, in welchem nachgesucht wird, von den in Armenhäusern befindlichen jungen Mädchenetwelche zum Seidenwinden bekommen zu können, schon zu ihrereigenen Nahrungserwerbung und zur Hilfeleistung der Seidenindustrie; welches Gesuch zur geneigten Berücksichtigung empfohlen worden ist.

Im Jahre 1770 revoltirten die Seidenzeugmachergesellen dagegen, dass ihre Meister Weibspersonen auf Webestühlen in Verwendung nahmen, in Folge dessen 149 Seidenzeugmachergesellen auf einige Zeit bei Wasser und Brot eingesperrt wurden. Kaiserin Maria Theresia erliess hierauf unterm 10. Juli 1773 folgende Verordnung:

Wir Maria Theresia, von Gottes Gnaden Römische Kaiserin, Wittib, Königin zu Hungarn etc. etc. entbieten allen und jeden Unsere Gnade etc. und geben auch liiemit zu erkennen, wasmassen Wir mit gerechtem Missfallen vernommen, wie die hier anwesenden Seidenzeugmachergesellen sich erfrechet, der von Unseren Commereial- stellen erlassenen Verfügung, gewisse geringe den Gesellenlohn nicht ertragende Seidenzeuggattungen durch Weibspersonen verfertigen zu lassen, sich zu widersetzen, und selbe durch Zusammenrottung und Entweichung aus der Arbeit, unkräftig und wieder aufheben zu machen, und diessfalls unerachtet verschiedener sogar öffentlicher Ermahnung auf ihre Hartnäckigkeit zu beharren. Diesem Frevel also Einhalt zu thun, und die Landes-Manufacturen dem Eigensinne einiger Aufwickler ferners nicht ausgesetzt zu lassen, haben wir über die getroffenene Massnehmung noch weiter beschlossen, dass von nun an alle glatte und fa^onnirte Seidenzeugwaaren mit alleiniger Ausnahme der reichen und broschirten Zeugen, dann aller Gattung von Sammet in Unseren Erblanden durch Weibspersonen auf dem Stuhle sollen bearbeitet werden können; die­jenigen Gesellen aber, so sich hierüber im geringsten auflehnen, zu dem Meisterrechte in Unseren Erblanden zu keiner Zeit zugelassen, sondern alsogleich handfest gemacht, als der Profession entfallene, dem Militari zu Kriegsdiensten übergeben, oder nach Beschaffenheit und Grösse des Frevels mit empfindlicher Zuchthausstrafe, oder Schanzarbeit belegt werden.

Und obwohl Wir auf die durch Unsere Niederösterreichische Regierung Uns geschehene allerunterthänigste Vorstellung, dass die Seidenzeugmachergesellen ihr höchst strafbares Verbrechen erkannt, be­reut und auf das feyerlichste den gebührenden Gehorsam Unseren Com-