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nach errungener Selbstständigkeit mit der Erzeugung von Piquewesten abgemüht, durch guten Eath eines ihm freundlich gesinnten Indu­striellen auf die Erzeugung von Seidenwestenstoffen nach französisch modernen Mustern mit so glücklichem Erfolge überging, dass er durch fortgesetzte bedeutende Aufträge des Handlungshauses Jos. Arthaber, welches ihn auch freiwillig durch Geldvorschüsse unterstützte, bald in grosse gewinnbringende Thätigkeit versetzt wurde, so dass er sich mit der Zeit ein eigenes, grosses Fabriks- und Wohnhaus erwerben konnte.

Der Seidensammtfabrikant Jac. Grünwald hatte sich durch seine ausgezeichneten Leistungen, zumal in schweren Qualitäten, emporgeschwungen und es zu Haus und Hof gebracht; so auch F. Woytech und viele Andere.

Das Leben war viel billiger wie jetzt, Wohnungs- und Fabriks- .zins sehr gering, Steuern nicht zu hoch.

Die Arbeiter (Gesellen) waren geschickt, willig, verhältnissmässig fieissig, benahmen sich auch in ihren Ansprüchen meist bescheiden, das WortStreik war noch gänzlich unbekannt. Nur getrunken wurde mitunter über Gebühr! Wein war ja billig, der Verdienst gut, und florirten daher die sogenanntenblauen Montage, an welchen wenig oder gar nicht gearbeitet wurde; ja bei sehr guten Zeiten und reichlichen Löhnen soll es öfters vorgekommen sein, dass manche Arbeiter an ersteren Tagen der Woche sich wenig in der Fabrik -sehen Messen, hingegen die noch übrigen Tage der Woche das Ver­säumte durch vermehrte Anstrengung einzubringen trachteten.

Betreffs derblauen Montage haben wir bereits einer Ver­ordnung gedacht, welche von der Gewerbsbehörde im Jahre 1804 an die Fabrikanten zur Verhütung besagten Unfuges erflossen ist.

So ungewöhnlich günstige, industrielle Verhältnisse, wie die eben in Hauptzügen geschilderten, waren nur dadurch möglich, dass Kaiser Josef II. in höchst vorsorglicher Weise das Prohibitivsystem eingeführt, sonst hätte die Seidenindustrie nicht so kräftig sich bei uns ent­wickeln können; aber Anfangs der Fünfzigerjahre wurde mit diesem System gebrochen, die Eingangszölle auf fremde Seidenwaaren in raschem Tempo, und zwar wiederholt so bedeutend herabgesetzt, dass die auswärtige, zunächst die sehr fühlbare deutsche Concurrenz förm­lich herbeigerufen wurde, was die betreffenden österreichischen Indu­striellen in eine klägliche Lage versetzte.

Anstatt dass, wie es schon rechtzeitig in den betreffenden Kreisen, insbesondere im niederösterreichischen Gewerbeverein aus-

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