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gerade Wiener Industriellen ein hervorragender Antheil an deren Verbesserung. Die ersten J acquar d-Maschinen in Wien wurden 1820 von Baussemer verfertigt, 1 ) und wurden hier zuerst die bis dahin aus Blei, später aus Draht bestehenden Platinen durch die heute üblichen Platinen aus Holz, ersetzt. Dieses verbesserte System wurde nie verlassen und gereicht den Wiener Maschinen-Tischlern zur be­sonderen Ehre. Gegen die Mitte des XIX. Jahrh. gab es in Wien mehrere MaschinentischlerCommercial-Maschinisten wie sich die­selben nannten, welche in fortschrittlicher Thätigkeit bemüht waren, den steigenden Anforderungen der Fabrieation zu entsprechen. Ausser dem schon genannten Baussemer, verdienen noch Jos. Schwerdtner, Heinrich Seufert und Willibald Schramm hervorgehoben zu werden. Letzterer hat auch Verbesserungen an Web-Stühlen und Maschinen angebracht, die ihm die ehrendste Anerkennung sichern.

Eine brillante Erfindung jener Zeit war Willmanns Karten­schlag-Maschine (1830), welche gegenwärtig noch unübertroffen dasteht und von Wien aus an die anderen industriellen Länder überging. 2 ) Die von Thomas Woitech in Verbindung mit Benjamin Gericke erfundene Doppel-Jacquard-Maschine zur Ersparung des Vorderwerkes gab Veranlassung zu dem im nieder- österr. Gewerbevereine am 7. September 1840 öffentlich gethanen Ausspruche, dass Oesterreich ohne alle Ruhmredigkeit in Betreff der Zweckmässigkeit und Einfachheit der Hilfs-Maschinen das Mutter­land der Jacquard-Weberei überflügelt habe.

Die Einführung der sogenannten feinen Theilung, durch welche am Volumen der Dessin-Karten grosse Ersparungen möglich sind, ging ebenfalls von Wien aus, und erst in jüngster Zeit wurde hier eine Maschine construirt, bei welcher versetzte Nadellöcher die Aus­nützung der Karte bis an die Grenze der Möglichkeit gestatten.

0 Anfangs war hier die Herstellung von Jacquard-Maschinen keine leichte Arbeit, da es schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen, complet zusammengestellte Maschinen in erster Zeit aus Lyon zu bekommen; denn die Lyoner Seidenindu­striellen, welche sofort die ausgezeichnete Leistungsfähigkeit der neu erfundenen Maschine zu würdigen verstanden, waren natürlich sehr eifersüchtig darauf, und einer mündlichen Tradition zufolge, soll es vorgekommen sein, dass ein jungei^ unternehmungseifriger Wiener Industrieller (Herr Schwer), welcher sich in Lyon zu auffällig für die Jacquard-Maschine interessirte, um sie für seine Vaterstadt zu erwerben, einige Tage dort gefänglich angehalten worden war.

2 ) In jüngster Zeit finden neuartige, verbesserte Kartensehlagmasehinen von Wimmer in Wien, durch Dampfmotoren in Bewegung gesetzt, eine bevorzugte Verwendung.