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anstalt in Wien. Seit dem Beginne der Thätigkeit des Niederösterreichischen Gewerbevereins, insbesondere seiner ursprünglichen „Abtheilung für Zeichnen, Druck und Weberei“, 1 ) wurden Concurse für Manufacturzeiohnungen ausgeschrieben, und erregten die von ausländischen Künstlern — besonders Frankreichs — zahlreich eingesandten, sehr geschmackvollen Zeichnungen berechtigtes Aufsehen unter den heimischen Industriellen, Leistungen, welche offenbar den Zeichnungen damaliger Manufacturzeichner Wiens weit überlegen waren. Derlei Original-Musterzeichnungen wurden mit 'Vorliebe zur Ausführung in Seiden-, Möbel- und Kirchenstoffen und für andere Verwendung angekauft. Der Verein selbst brachte Zeichnungen käuflich au sich, welche der Akademie der bildenden Künste zum Gebrauche für Schüler der Manufactur-Zeichenschule übergeben wurden.
Die Heranziehung ausländischer Künstler ergab noch den weiteren Vortheil grossen Impulses für die hiesigen Manufacturzeichner, welche durch so anziehende Beispiele angespornt, nach und nach Tüchtigeres zu leisten in den Stand gesetzt wurden.
Einige der vorzüglichsten Manufacturzeichner jener Zeit waren: Ferd. Lieb, Wenzel Sodoma, Georg Rödel, Jacob Schüler, Friedr. Lindow, Joh. Georg Bartsch (Vater und Sohn), Costamagna, Reiter, Wolfgang, Staubmanu u. a. m.
In der ersten Hälfte des gegenwärtigenJahrhunderts wurde in Bezug auf dessinirte Stoffe, meist nach französischer Mode gearbeitet, einfach copirt. Dem Einflüsse des Niederösterreichischen Gewerbevereins ist es jedoch zu danken, dass die österreichische Geschmacksrichtung, sich allmälig emancipirend, von dem lange herrschenden ausländischen Modetypus frei gemacht wurde, und dass dieselbe weiters durch die Wirksamkeit des Ivunstgewerbe-Museums gefördert und veredelt, nun nach wirklichen Kunstprincipien und Stylweisen in selbstständiger Weise vorgeht.
Glückliche Erfolge dieses erfreulichen Umschwunges waren schon bei der Industrieausstellung in Wien 1845 und bei den weiteren Weltausstellungen ersichtlich. Sehr aufmunternd wirkte auch der Verein durch Zuerkennung von Medaillen an verdiente Werkmeister und Arbeiter.
Es würde viel zu weit führen, uns noch mit den weiteren vielen und grossartigen Leistungen des Vereines hier zu befassen; wir weisen
*) Später „Abtheilung für Textilindustrie“ genannt.