124

dass die allgemeine Industrieausstellung im Jahre 1851 in London, welche die Errichtung des South Kensington-Museums im Gefolge hatte, somit den, allerdings mittelbaren Anstoss gab zur Gründung des Institutes:

Das Oesterreichische Museum für Kunst und Industrie.

Am 7. März 18G3 erfloss ein kaiserliches Handschreiben Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef an Seine kaiserliche Hoheit Herrn Erzherzog Kain er, in welchem die Gründung eines Museums angeordnet wurde. In diesem kaiserlichen Handschreiben wurden die Hofmuseen, Hofanstalten und Schlösser mit einer Liberalität zur Ver­fügung gestellt, wie sie in keinem anderen Lande bisher vorgekommen ist. Dieses glänzende Beispiel unseres kaiserlichen Herrn und die Aufforderung an den Patriotismus des Adels und des besitzenden Publicums ist nicht ohne Nachhall geblieben. Wir haben insbesondere die Bereitwilligkeit zu rühmen, mit welcher die Kirchenfürsten, die Klostergeistlichkeit und der Adel vom ersten Tage bis auf dem heutigen ihre Kunstschätze dem Museum zur Ausstellung überlassen haben. Die weiteren geschichtlichen Daten, seine Ausgestaltung u. s. w. finden wir sehr eingehend geschildert vor, 1 ) daher wir hier nur dasjenige berühren, was mit der Geschichte der Seidenindustrie in Beziehung steht.

Schon in ersterer Zeit fand die käufliche Erwerbung der Bockschen Sammlung von Webereien und Stickereien, von vielen Mustern von Seiden- und derlei reichen Stoffen alter, liturgischer Messgewänder statt; später wurde von den Erben der Firma Brüder Mestrozzi eine grosse, in Einbänden schön geordnete Sammlung von Seiden­mustern erworben, welche aus der blühenden Fabricationsepoche ge­dachter Firma herrührten.

Im Jahre 1871 übersiedelte das Museum in das inzwischen nach den Plänen des genialen Architekten und Professors Heinrich Ritter von Ferstel erbaute Prachtgebäude am Stubenring, in welchem öfters Ausstellungen stylvoller Seiden-, Möbel- und Decorationsstoffe statt­gefunden haben; auch wurde durch öffentliche Vorlesungen auf das Verständniss einer besseren Geschmacksrichtung nicht nur bei den betreffenden Industriellen, sondern auch beim grossen Publicum ein­gewirkt.

H Siehe die Festschrift ,.Das k. k. Oesterreiehische Museum für Kunst und Industrie, 4. November 1871, Wien.