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halbseidenen Schnüren, Binsen, Chenillen und dergleichen Posamentir- arbeiten nahezu mit einem Dritttheil am Gesammtexporte participiren.

AVenn man endlich die grossen Quantitäten von Seiden- und verschiedenen anderen Textilmaterialien und deren bedeutende AVerthe, welche bei der Seidenindustrie Oesterreichs in Anwendung kommen, in Betracht zieht, dürfte mit Hinzurechnung der Arbeitslöhne, Fa^o- nirung, Regie und Unternehmungsgewinn die Production der Bänder, Posamenterie, Seiden- und Halbseidenwaaren mit jährlichen 25 bis 30 Millionen Gulden zu bewerthen sein.

AVir wollen nunmehr den A T ersuch machen, eine Uebersicht der bisher, sowie in neuester Zeit in Oesterreich producirten Seidenwaaren vorzulegen.

Ganzseidenwaaren.

Im grossen Ganzen wurden seit den ersten Anfängen und lange darnach in Oesterreich meistens schwere, solide Zeuge gemacht, wie wir es bereits im 1. Theile unserer Geschichte aus den kaiserlichen Patenten vernommen haben, so z. B. Sammet, A T elpel, Drap dor, Drap dargent (Gold- und Silberstoffe), Damast, Brocat, Atlas, Taffet, Tüchel u. dgl. mehr, wobei schon damals von Ganz- und Halbseide die Rede ist. Es sind das Stoffe, die wenig oder gar keiner Appretur bedurften.

In Folge der zunehmenden, immer mehr sich entwickelnden Fabrication vermehrte sich die Ooncurrenz, welche naturgemäss einen zunehmenden Druck auf die Preise ausübte. Der Fabrikant sah sich gezwungen nachzugeben, oder auf die Schaffung neuartiger Artikel zu sinnen. Letzteres Auskunftsmittel wurde von intelligenteren Fabri­kanten ergriffen, die sich dann vorzugsweise als Modewaarenfabrikanten qualificirten; gelang es ihnen noch dazu, ein k. k. Landesprivilegium, oder mindestens Privilegiumsrechte zu erwerben, so trugen solch pom­pöse Titel auch Einiges zur Reclame hei. Das Nachgeben bei den Preisen hatte die ganz natürliche Folge, dass man, um keinen Schaden zu erleiden, die Stoffe allenfalls schmäler oder leichter machte, oder beides zugleich. Nach und nach ging man in der Verbilligung weiter; statt gekochter (purgirter), allerdings glanzvoller Eintrags­seide (Tratna) wurde minderglänzende (Souple) gefärbte- Trarna, bei schwarzen Stoffen sogenanntes schweres Hamburgerschwarz (Dons) ver­wendet. Als die Chappegespinnste (aus Seidenabfällen bestehend) auf­tauchten, wurden solche anfänglich im gezwirnten Zustande, später