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Das Eindringen der Frauen in jene Berufe, welche anhaltende Schreibbeschäftigung verlangen, könnte vielleicht merkwürdig erscheinen, Avenn man bedenkt, dass noch vor 150 Jahren die Kenntnis des Schreibens von der Frau des Mittelstandes gesellschaftlich nicht ge­fordert wurde. Die allgemeine Schulbildung hat hier gründlich Wandel geschaffen. In allen Abstufungen, von der Abschreiberin bis zur selbständigen Buchhalterin und Korrespondentin, ist die Frau heute vertreten, da die Buchführung und andere damit zusammenhängende Kontorarbeiten von ihr ebenso leicht erlernt und ebenso gründlich besorgt werden Avie vom Manne.

Wenn man bedenkt, dass die Lehranstalten, die den Frauen eine kaufmännische Ausbildung ermöglichen, erst neusten Datums sind, und dass nach den Ergebnissen einer vom Vorsitzenden des Hilfs­vereins für Aveibliche Angestellte in Berlin, Julius Meyer, veranstalteten Enquete zwar 73 Prozent der Buchhalterinnen vor dem Eintritt in das Geschäft eine theoretische Ausbildung genossen haben, von den für die übrigen kaufmännischen Berufsarten Vorgebildeten jedoch nur 1620 Prozent sich auf ihre Thätigkeit vorzubereiten suchten, SO' muss man daraus den Schluss ziehen, dass die Frauen eine ent­schiedene Fähigkeit zum kaufmännischen Beruf haben müssen, sonst hätten sie sich bei so ungünstigen Vorbedingungen nicht einen solch günstigen Platz erringen können.

Es ist statistisch nachgeAviesen, dass in keinem Berufe die Zahl der weiblichen Arbeitskräfte so schnell steigt Avie im kaufmännischen, Thatsache ist, dass Frauen besonders geeignet für Bureauarbeiten sind, dass daher die Nachfrage gross, aber das Angebot noch grösser ist. Wenn die Stellenvermittlung derIndustria in Hamburg die Er­fahrung gemacht hat, dass den gerechten Anforderungen der Chefs dennoch nicht genügt Averden kann, so liegt die Schuld darin, dass in Hamburg, wie fast überall, bei den Eltern der Lernenden die irrige Ansicht besteht, die weiblichen Angestellten im Kaufmanns­stande bedürften nur einer oberflächlichen Ausbildung; ein halbes Jahr oder nur ein Vierteljahr genüge schon den meisten, um sich da­für vorzubereiten. Nun sind zAvar die Mädchen meistens zu jung, um zu erkennen, dass nur geschulte Kräfte den Anforderungen im späteren Kampfe ums Dasein getvachsen sein können, aber man muss doch die Frauen darauf aufmerksam machen, dass der A r on den meisten Aveiblichen Angestellten ein geschlagene Weg zur Erreichung ihres Zieles nicht der richtige ist. Deshalb Avird auch in diesem Werke besonders die NotAvendigkeit einer gründlichen Ausbildung hervorgehoben.

1. Statistik

Nach den Berufszählungen von 1882 und 1895 waren im Deutschen Reiche unter den Erwerbstätigen überhaupt im Waren- und Produktenhandel: