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Welche Stellungen können Frauen im Handel und Gewerbe finden? : Handbuch für die auf den Erwerb angewiesenen Mädchen und Frauen zugleich enthaltend statistische Mitteilungen über die weibliche Erwerbsthätigkeit, die Frauen-Erwerbsvereine u.s.w. / von T. Kellen
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Mädchen und Frauen es ganz umsonst lernen, doch ist dann die Lehrzeit eine längere. Mit dem blossen Erlernen des eigentlichen Plättens ist es natürlich nicht gethan, die Plätterin muss auch das Stärken verstehen, muss wissen, welche Artikel mit roher, welche mit gekochter, welche mit gemischter Stärke zu steifen sind, denn das haben gewöhnlich die Plätterinnen sich selber zu besorgen. Ferner müssen sie mit dem Brennen, Tollen, Plissiren und Fälteln der Wäsche genau umzugehen verstehen, denn die letztere hat sich so verfeinert und ist vielfach so raffinirt elegant geworden, dass in der That ihre Behandlung zu einer Kunst geworden ist. Für Hausstellen ist denn auch besondere Aufmerksamkeit auf die Behandlung der Herrenwäsche zu verwenden, Oberhemden, Kragen, Manschetten, Kravatten und Westen wollen genau nach ihrem Bau geplättet sein, sonst verlieren sie die Form und sitzen nicht.

Ein besonders schwieriger Zweig des Feinplättens ist die Behand­lung der Spitzen. Das Reliefplätten, das Aufneuplätten und Aufnadeln muss verstanden und geübt sein, ehe man sich damit Geld verdienen kann; man übernimmt damit eine ziemliche Verantwortung, denn echte Spitzen sind ein grosser Schatz, den zu ersetzen es wohl schwer halten würde. Das Angenehme bei der Feinplätterei ist es, dass Frauen, die nicht gern in fremde Häuser gehen möchten, die Arbeit auch im eigenen Hause machen können; e§ giebt eine Menge Herrschaften, denen sogar damit gedient ist, weim sie das Plätten nicht in ihren Räumen besorgen zu lassen brauchen.

III. Handarbeiten nnd Kunstgewerbe

1. Die Handarbeiten

Handarbeit*) heisst im weiteren Sinne jede mit der Hand ohne Zuhilfenahme von Maschinen hergestellte Arbeit, im engeren Sinne diese Arbeit auf dem Textil-Gebiete. Die wichtigsten Arten sind: Stricken, Häkeln, Nähen, Knüpfen und Klöppeln.

Feinere Handarbeit wird heutzutage nur dann zu einer Erwerbs­quelle führen, wenn in ihr wirklich Originalität, Geschmack und künstlerische Gestaltung liegt. Die Maschine ist berufen, ein und dasselbe Muster in ungezählten Exemplaren wiederzugeben; die Hand­arbeit ist allerdings auf Einzelheiten in feiner Näh-, Strick- und Häkelarbeit, Weissstickerei und Wäschenähen u. s. w. beschränkt, kann durch Talent und Geschicklichkeit aber hierin Arbeiten liefern, die

*1 Vgl. Weibliche Handarbeiten von Julius Lessing, in: Meyers Deutsches Jahrbuchs 18798U. Leipzig, Bibliographisches Institut 1880. S. 525530.