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fleissigen Frauen in der neuen Welt sogar im Kongress (im Kapitol zu Washington), wo sie in Glaslogen die eilige Korrespondenz der Abgeordneten besorgen.

Das Maschinenschreiben, das seit einem Dezennium ungefähr in Europa eingeführt wurde, hat sich trotz dieser kurzen Zeit auch bei uns schon vollständig eingebürgert. Ist es auch nicht in demselben ungeheuren Masse wie in Amerika verbreitet, so beschäf­tigen doch auch in Deutschland fast alle Banken, Versicherungs­gesellschaften , Patentämter, Rechtsanwälte, grosse Geschäftshäuser, Schriftsteller u. s. w. Schreibmaschinen. Deshalb hat sich die Zahl der Maschinenschreiber und Maschinenschreiberinnen in den letzten Jahren ausserordentlich vermehrt, besonders die Zahl der letzteren, und zwar aus dem Grunde, weil es ein ganz spezifischer Frauen­beruf ist, da der weibliche Anschlag viel leichter und besser ist, als der männliche.

Haben sich also auch viele Frauen diesem Berufe gewidmet, so waren es leider nicht immer die richtigen. Die Technik des Maschinenschreibens ist nämlich sehr leicht zu erlernen; ein Unterricht von acht Tagen genügt, um sie zu erfassen, und das Weitere ist Sache der Übung, die je nach dem Fleisse und Geschicke der betreffenden Persönlichkeit den letzten Grad von Fertigkeit erreicht. Auch die Gelegenheiten, das Type-Writing zu erlernen, sind zahlreich und günstig, der Unterricht billig, die Zeitdauer kurz.

Bei den zahlreichen und nur kurze Zeit in Anspruch nehmenden Gelegenheiten war es sehr natürlich, dass sich eine grosse Zahl von Aspirantinnen für diesen Beruf einfand. Die meisten von ihnen ver- gassen nur, dass zum Maschinenschreiben eine gute Bildung gehört. Erst wenn diese vorhanden ist, kann man auf gute Honorirung seiner Thätigkeit rechnen, denn nur dann kann man den verschieden­artigen Ansprüchen, die an einen gestellt werden, genügen. Geschäfts­häuser verlangen von ei r er Maschinenschreiberin, dass sie französische und englische Sprachkenntnisse besitze, dass sie die kaufmännische Korrespondenz beherrsche und auch in den fremden Sprachen korre- spondiren könne, Schriftsteller und Gelehrte setzen eine schöngeistige, ja mitunter sogar wissenschaftliche Bildung voraus. Fast immer aber wird die Kenntnis der Stenographie verlangt.

Die Maschinenschreiberin kann ihren Beruf auch in selbständiger Weise ausüben und zwar, indem sie ein Bureau einrichtet mit der erforderlichen Zahl von Schreiberinnen und Maschinen, und dann jede Art von Abschrift und ähnlichem übernimmt, was sie alsdann ihren Kunden seitenweise berechnet. Sie kann auch, um die Sache lukrativer zu gestalten, vielleicht gleichzeitig die Vertretung einer der zahlreichen neuen Schreibmaschinensysteme übernehmen und erhält dann wohl gleich die Miete des Bureaus, das dann auch als Reklame für das betreffende System dient, von ihren Auftraggebern bezahlt, abgesehen