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Anwendung von Evolutfedern bei Drehscheiben.
System Hohenegger.
(Privilegirt in Oesterreich-Ungarn.)
(Hiezu eine Tafel.)
Drehscheiben, welche ihren Zweck erfüllen sollen, müssen mit verhältnissmässig geringer Kraftanstrengung drehbar sein.
Die leichte Drehbarkeit lässt sich aber nur dadurch erreichen, dass die Eigenlast, sowie die zufällige Belastung der Drehscheiben möglichst über dem Mittelzapfen vereinigt und die von den Eaufwellen der Drehscheiben zu tragende Last auf ein Minimum beschränkt wird: mit e i n e m Worte: Die Drehscheibe muss nach dem üblichen Ausdrucke über den Mittelzapfen gehoben sein.
Bei den Locomotivdrelischeiben, die unter Umständen ein grösseres und somit kostspieliges Personale zur Umdrehung erfordern, gehen jene am leichtesten und lassen die Umdrehung der schwersten Maschine durch zwei Mann zu, welche nach dem Systeme der französischen Nordbahn in der Weise gebaut werden, dass fast die gesammte Last der Locomotive und der Scheibe vom Mittelzapfen getragen wird und die Laufrollen nur mehr zum Ausbalanziren der Scheibe dienen.
Iliemit ist unzweideutig erwiesen, dass das „Heben“ der Drehscheibe über einen kräftigen Mittelzapfen unbedingt erforderlich sei, wenn die Drehscheibe ihrem Zwecke entsprechen, d. h. leicht drehbar sein soll.
Die ses Heben der Drehscheibe über den Mittelzapfen hat zur Folge, dass die Drehscheibe besonders in unbelastetem Zustande auf ihren Laufrollen nur auf einer Seite aufliegt, während die andere Seite in der Luft schwebt, indem der Laufring von den Laufrollen mehr oder minder weit
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absteht.
Das Freihängen eines Theiles der Drehscheibe ist aber von grossen Uebelständen begleitet, indem ein über die Scheibe gehender Zug, je nach der augenblicklichen Stellung der Räder der Fahrzeuge zum Mittelzapfen, ein fortwährendes Auf-und Niederschlagen (das „Tanzen“) der Scheibenplattform. im Gefolge hat.
Dieses Tanzen der Scheibe verursacht selbstverständlich eine frühzeitige Zerstörung der Scheibe, indem die beständigen Oscillationen der Scheibenplattform nicht nur ein Auseinanderrütteln des Plattformkörpers, sondern auch häufig den Bruch der schwächeren Tlieile herbeiführen: ausserdem wird jede über dem Mittelzapfen gespannte Drehscheibe durch schwere, über dieselbe gehende Fahrzeuge und Locomotiven auf Abknickung über dem Mittelzapfen in Anspruch genommen.
Durch die Anordnung von Evolutfedern in der im beigegebenen Plane dargestellten Weise können die Yortheile einer über den Mittelzapfen gehobenen Drehscheibe erzielt werden, ohne die Nachtheile mit in Kauf nehmen zu müssen, da die Evolutfedern die Stösse der Fahrbetriebsmittel auf die Scheibenplattform nicht direct auf den Mittelzapfen übertragen, sondern in sich aufnehmen; der Stoss wird somit kein harter, sondern ein bedeutend gemilderter sein. In zweiter Linie gestatten die in richtiger Form und Stärke gewählten Evolutfedern, dass sich die Drehscheibenplattform beim Darübergehen von schwereren Fahrzeugen, als für deren Drehung bestimmt sind, dann von Locomotiven und Tendern, gleiclimässig auflagert, und zwar sowohl auf dem Mittelzapfen, bei dem die Federn zusammengedrückt werden, als auf dem ganzen Rollenlaufkranze.
Die Verwaltung der Oesterr. Nord westbahn, bei welcher derzeit 125 Stück Wagendrehscheiben im Betriebe stehen, hat sich in Folge der häufigen Brüche, welche schnellfahrende Fahrzeuge oder Züge an den Drehscheiben verursachten, veranlasst gesehen, alle jene Drehscheiben mit derlei Evolutfedern zu versehen, über die ein regerer Verkehr stattfindet, und hat sich diese verhältnissmässig sehr billige Massregel sehr vorteilhaft bewährt.
Ein Satz von 4 Stück Evolutfedern für eine Drehscheibe kostet gegenwärtig bei 40 fl. Oe. W.