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durch die Türken zerstört wurde, 1 ) wenn auch Sinzendorfs Strumpf­wirkerei zu Grunde ging, die Seidencompagnie zerfiel, das Collegium Commercioruni an dem geringen Interesse der Hofkammer-Beamten erlosch, so haben doch die Seidenarbeiter, welche er für die Com­pagnie, für Sinzendorf und das Werkhaus berufen, die Industrie über die schwersten Zeiten hinübergefristet und, durch frischen Zu­wachs verstärkt, emporgebracht. Sie sind es in erster Linie, mit welchen der oben erwähnte Bratti seine Fabrik im Armenhaus 2 ) vor dem Schottenthor betrieben hat. Neben den Nachfolgern Brattis im Besitze dieser Fabrik finden sich im Zunftbriefe aber auch die Namen der ausübenden Meister, 3 * * * ) die alsProponenten und Fundatores die Zunftartikel und den Vertrag mit der Fabrik verfasst haben, es sind dies Francesco Locatelli, Paolo Bollini, Antonio Casaretto, Antonio de Maso, Carlo Locatelli und Thomas Widmann, welche mit

*) Nach BeehersFlucht wurde das Werkhaus au Schröder, dem be­kannten Cameralisten, übergeben, der nach langen Kämpfen mit Sinzendorf und dessen Nachfolger den Betrieb aufnahm. Nach der Tiirkenbelagerung verkaufte er die Brandstätte, auf der sieh später ein neues Heim der Seidenindustrie unter staatlicher Subvention erhob.

2 ) Das Armenhaus vor dem Schottenthor, auch Grossarmenhaus genannt, wurde in den Jahren 1694 bis 1697 auf den vom kais. Bath und Regenten der niederösterreichisehen Stände Dr. Joh. Th. Frankh testamentarisch zu einem Soldatenspitale bestimmten Gründen und Hofstätten, welche in der Alsergasse im Schaffernack lagen, erbaut, um für die ungemein grosse Anzahl Armer, welche in Folge der damals auf dem flachen Lande herrschenden Hungersnoth nach Wien geströmt war, einen Unterstand zu schaffen. Der in dem gegebenen Zeitraum erbaute Theil ist der heutige grosse Hof des Allgemeinen Krankenhauses; erst nach dem Jahre 1697 wurde der rechte Tract des zweiten'Hofes hinzugefügt. Es ist also der früheste Termin für die Aufstellung der W 7 ebestühle denn um mehr handelt es sich nicht das Jahr 1697. Der Zeitpunkt, wann die Seidenstühle aus dem Armenhause transferirt wurden, dürfte spätestens in das Jahr 1726 fallen, wo das Armenhaus eine Filiale der von Kolb v. Kolbenthurn in Linz angekauften Wollfabrik errichtete. Damit stimmt auch die Zunahme der Spalier- und Brocat- macher im Wübmerviertel, speeiell im Neubau und im Gumpendorf zu dieser Zeit. Stände nicht im Zunftbriefe ausdrücklichArmenhaus, so würde man eher an das sogenannte Contumazhaus denken, das in pestfreien Jahren vermiethet wurde, also ganz gut in der Zeit von 1679 bis 1713 die Seidenstühle hätte beherbergen können.

3 ) Der erste nachweisbare Seidenzeugmaeher in Wien ist wohl Joh. Fux, der als Teppich- und Seidenweber in den Wiener Bürgerrollen im Jahre 1611 er­

wähnt ist. Da über dessen fernere Wirksamkeit nichts mehr verlautet, scheint

dieselbe auch vereinzelt, ohne weitere Erfolge geblieben zu sein.

Im Jahre 1702, schreibt Karschulin,zahlten 20 Seidenzeugfabricatores

12 Reichsthaler Steuer. Daneben hat es wohl noch kleinere Professione gegeben.