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Insehluss des früher genannten Gründers Bratti und seiner Geschäftsnachfolger Peter Passardi, Joh. Bussi und Math. Hengstberger offenbar zum grösseren Theile aus Italien stammten, aus jenem Nachbarlande, in welchem schon seit drei bis vier Jahrhunderten die Er- zeugung von Seidenstoffen eingeführt und zu hoher Meisterschaft gediehen war.
Es ist begreiflich, dass diese Meister, welche die ganze Last der damals nicht geringen bürgerlichen Umlagen zu tragen hatten, sich gegen die Concurrenz der Fabrik sichern und, wenn es anging, an deren Arbeit participiren wollten: anderseits mussten die Handelsleute Passardi, Bussi und Hengstberger nicht bloss ihre Interessen, sondern auch diejenigen der Meister und Gesellen, die in ihrer Arbeit standen, wahren und sie davor schützen, als nicht zunft- mässig „gescholten“ zu werden. Der Umstand, dass einer der Theil- haber, H engstberger, gerade damals Vertreter des Handelsstandes war, kam ihnen zu statten. So sehr die Regierung auch die Errichtung einer Zunft der Seidenzeugmacher wünschen musste, so konnte sie doch das blühende Unternehmen nicht dem Zunft,neide preisgeben. Unter Intervention der niederösterreichischen Regierung kam am 19. December 1709 eine „Nothdurft“ — ein Vergleich zu Stande, wonach den drei Theilnehmern die Fortführung der Fabrik, so lange sie leben, gestattet, die Zunftfähigkeit der von ihnen aus dem Auslande berufenen Meister, Gesellen und Jungen garantirt wurde. Die Fabrik sollte den Titel einer kaiserlichen Fabrik führen und auf die Ursprungsplombirung den kaiserlichen Adler drucken dürfen.
Zur Erläuterung des Vorganges bei Bratti’s Fabrik, welche durch genannte drei Nachfolger fortgesetzt wurde, sei hier bemerkt, dass, obgleich durch Dr. Joachim Becher seinerzeit die Initiative zu Versuchen der Seidenindustrie ergriffen worden ist, doch Bratti als der erste genannt werden kann, weicherden fabriksmässigen Betrieb hier eingeführt hat. Die Möglichkeit hiezu lässt sich mit vieler Wahrscheinlichkeit aus der Sachlage erklären, dass schon Kleinmeister und Gesellen bestanden, mit deren Hilfeleistung eine Fabrik zu gründen und zu erhalten durchführbar erschien. 1 )
a ) Ein ähnliches Verhältniss, wie es grösstentheils in Lyon bestand und noch besteht. Handelsgesehäftskundige Unternehmer engagirten Kleinmeister für die Herstellung von Stotfen und deren Menge nach bestimmten Mustern und genau vereinbarten Preisen. Die Hauptunternehmer brauchten sich dabei gar nicht um die Arbeit, Beschaffung der Materialien etc., sondern nur um den Yerschleiss zu