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In der Epoche wirthschaftlichen Aufschwunges, die vom Passaro- witzer Frieden bis zum polnischen Erbfolgekrieg dauerte, nimmt die Gründung der kais. priv. Orientalischen Compagnie als grossartigstes Unternehmen den ersten Platz ein. Ausser verschiedenen Privilegien, welche derselben eingeräumt waren, besass sie das Alleinrecht, neue, in den Erbländern noch nicht bestehende Industrien einzuführen.

Auch die Seidenindustrie gelangte unter solchen Verhältnissen zu lebenskräftiger Entwicklung, wie aus einer Uebersicbt im November- Protokoll (1727) der Hof-Commercien-Commission hervorgeht. So lesen wir z. B.:In der hiesigen Hengstbergerschen Fabrik 1 ) werden so schöne und richtige Zeuge gemacht, dass sie gewiss nicht zu tadeln sind und mit der Zeit sogar den lyonischen sich würdig anreihen dürften; und da man hohen Ortes nicht ermangelt, den Unternehmer zur Fortsetzung seines Werkes und zur Vermehrung der Webstühle zu ermuntern, so ist zu hoffen, dass die Fabrik, nachdem ihr Privi­legium publicirt sein wird, weiters gedeihen und gewinnen werde.

Von den glatten, seidenen Zeugen wurden in hiesiger privilegirter Fabrik von Visconti, dann bei der Gesellschaftsfirma Vuterna, Haimerle & Herporth wie auch bei dem hofbefreiten Handelsmann Geramb eine Menge Zeuge fabricirt, bestehend zumeist in einfarbigem und gestreiftem Taffet, Atlas, Damast, Gros de Tours, Ras de St. Mor, Chagrin, Sammt, Guisset, zum Theile auch in sogenannten Mailänder Zeugen, endlich in Brocat, und wird sich in diesen drei Fabriken die Gesainmtzahl der Stühle wenigstens auf 100 belaufen haben, wobei noch eine bei Visconti befindliche Maschine zu erwähnen ist, dem Taffet Glanz zu verschaffen, eine Procedur, welche vorher nur in Lyon zu treffen gewesen.

Ausser den Genannten bestanden in Wien noch bis 30 Seidenzeue- fabrikanten, welche aber aus Mangel des Verlages meistens nur Brocatell- oder Spalier-Atlas machten.

Die Fabrication seidener Strümpfe vermehrte sich seit wenigen Jahren dergestalt, dass nicht der zehnte Theil derselben, die man hier consumirte, von fremden Orten hereingebracht wurden, wie denn auch verschiedene hiesige Kaufleute, als: Guggenberger, Weissen- beck, Geramb u. a. m. mit diesem Import beschäftigt waren, ebenso blühte die Dünntuchfabrication, welche Frauen-Halstüchel, dann glattes und geblümtes Dünntuch wie auch Gaze lieferte, insbesondere Frauen- Halstüchel, und zwar nicht bloss glattseidene, sondern auch mit Gold

0 Am Neubau, als Nachfolgerin der kais. Seidenfabrik.