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commis voyageur ist ein Unding, dem auch von Frauenseite entgegen­getreten werden müsste. Die Mädchen werden zum Handelsberufe hingedrängt durch die im allgemeinen abnehmende Hoffnung auf baldige Verehelichung. Die Prinzipale nehmen weibliche Hilfskräfte kauf­männisch geschulte und ungeschulte gerne an, weil diese weib­lichen Hilfskräfte wohlfeiler, in vielen Dingen aber ebenso geschickt arbeiten, als die männlichen. Da nützt es den Handlungsgehilfen nichts, den Ruf erschallen zu lassen: Hinaus mit den Frauen aus den Handelsgeschäften! Diese Konkurrenz können sie nicht mehr beseitigen. Die Gesetzgebung wird sich auch nicht herbeilassen, den Frauen einen Beruf zu untersagen, welchen sie gewisse Stellungen ausgenommen ebenso gut erfüllen können, wie ihre männlichen Konkurrenten. Nur da, wo sich die männlichen Gehilfen absolut als tüchtiger erweisen, können sie die an die Frauen verlorenen Positionen zurückgewinnen umsomehr, als ja die weiblichen Hilfskräfte gerne wieder aus dem Handelsberuf ausscheiden, wenn sie Gelegenheit finden, sich zu verheiraten.

Jede Zunahme der weiblichen Konkurrenz muss allerdings die Stellenlosigkeit steigern. Sie hängt wieder zusammen mit der immer zunehmenden Erschwerung der Begründung eines Hausstandes. Je später und je seltener in unseren Städten (nicht auf dem Lande) der Mann in die Lage kommt, einen eigenen Hausstand begründen zu können, um so stärker muss die Anzahl jener Mädchen anwachsen, die mit kaufmännischer Bildung versehen in die Konkurrenz mit den männlichen Handlungsgehilfen treten.

Dieser Ubelstand liesse sich nur dadurch beseitigen, dass die Handlungsgehilfinnen bei gleichen Leistungen denselben Lohn fordern würden, wie ihre männlichen Kollegen.

Professor Adler*) sagt:Die Frauenarbeit gänzlich zu verbieten, geht nur in denjenigen Gewerbezweigen an, welche dem weiblichen Organismus besonders schädlich sind oder die Sittlichkeit zu beein­trächtigen vermögen. Man kann aber nicht behaupten, dass die kaufmännische Arbeit nach einer dieser beiden Richtungen hin irgend­wie gefährlicher ist als jede andere Branche auch. Ein gesetzliches Verbot der Beschäftigung von Frauen wäre eine schreiende Un­gerechtigkeit und könnte ausserdem viele dieser armen Wesen der Prostitution überliefern.

Professor Karl Bücher schrieb bereits 1882:Man wird gewiss nicht leugnen dürfen, dass im Handel vielfach weibliche Arbeitskräfte dasselbe, ja besseres leisten können als männliche, dass in manchen Branchen schon jetzt die Frauenarbeit gar nicht mehr entbehrt werden kann und dass es bei den geringen Verehelichungsaussichten vieler

*) Die Sozialreform und der Kaufmannsstand