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junger Mädchen aus gebildeten, aber vermögenslosen Kreisen ein wahrer Segen ist, dass sich ihnen derartige Stellungen bieten/'

Dr. Haushofer hebt den Unterschied zwischen dem männlichen und dem weiblichen Handlungsgehilfen hervor:Die Kontoristin geht abends, wenn sie ihr Buch geschlossen und ihre Feder säuberlich ab­gewischt hat, nach Hause, kocht sich ihren Thee und näht ihre Kleider, während mancher Kontorist sich in einen eleganten Anzug wirft und irgend einem Tingeltangel oder dergleichen zustrebt. Sie verdient sich also mit ihrer Nadel noch einige Pfennige; er verthut das Dreifache von dem, was sie verbraucht und verwüstet sich neben­bei auch die Gesundheit. Dafür hat er allerdings gelebt gelebt nach seinen Begriffen. Das ist der Gegensatz zwischen dem männ­lichen Arbeiter und der weiblichen Arbeiterin in diesem Falle. Und in hundert anderen Fällen stellt er sich entsprechend.*)

3. Lehrzeit und Ausbildung

Die Ausbildung der Handlungsgehilfinnen ist meistens eine andere als die der männlichen Gehilfen, da diese 3 bis 4 Jahre hindurch praktisch zu lernen pflegen, während die überwiegende Mehrzahl der Handlungsgehilfinnen mit nur theoretischer Ausbildung ins Geschäfts­leben eintritt oder doch nur verhältnismässig kurze Zeit, 1 / 2 bis 1 Jahr, seltner 1 bis 2 Jahre, praktisch lernt. Diese vorwiegend theoretische oder meistens viel zu kurze praktische Ausbildung ist sehr zu be­dauern, da in wenigen Monaten kein Mensch ein Fach gründlich er­lernen und der theoretische Unterricht niemals die Praxis ersetzen kann. Allerdings hält es vielfach schwer, für Mädchen eine wirklich gute Lehrstelle zu finden. Sodann wenden sich viele Mädchen und Frauen des Mittelstandes erst dann einem Erwerbszweig zu, wenn die Not an sie herantritt und sie gezwungen sind, sofort zu verdienen. Viele glauben auch, auf eine längere Lehrzeit verzichten zu können, weil sie den kaufmännischen Beruf von vornherein nur als ein Durch­gangsstadium ansehen.

Die Verkäuferinnen machen zumeist eine Lehrzeit durch, die zwischen 1 / i und 3 Jahren schwankt. Im Osten und Norden Deutsch­lands scheint sie das Höchstmass von einem Jahre nur selten zu über­schreiten, wogegen im Westen und im Süden diese Zeit wohl das Mindestmass darstellt. In kleineren Ortschaften dauert die Lehrzeit länger als in grossen.

Die Ausbildung der Direktricen geschieht bisher, abgesehen von dem seltenen Fall eines kurzen Kursus in einer Akademie, durchweg auf dem Wege der Praxis durch allmähliches Hinauf arbeiten. So ist in der Wäschebranche das junge Mädchen zuerst Lehrling, dann

*) Dr. Max Haushofer, a. a. O. S. 85.