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fälligen Rechnungen und Quittungen übertragen ist. In mittleren Geschäften führt oft die Buchhalterin zugleich die Kasse. In offenen Ladengeschäften findet man fast ausschliesslich Frauen als Kassirerinnen. In den grossen Warenhäusern werden die Kassirerinnen durchaus ein­seitig, weil sie keine schriftlichen Arbeiten zu verrichten haben. Ein Übergehen solcher Kräfte in Engrosgeschäfte ist fast unmöglich, weil sie eben vom eigentlichen kaufmännischen Verkehr gar keine Ahnung haben und nur noch automatenhaft Geld einzunehmen ge­wohnt sind.

Dass die Frau sich als Kassenbeamtin eignet, wird man wohl kaum bestreiten. Sie ist vermöge ihrer bekannten Sorgfalt im Kleinen vielfach sogar genauer, zuverlässiger und pünktlicher als der männliche Beamte und vor allem weit nüchterner. Von einer durchgegangenen Kassirerin hat man wohl nur selten gehört. Die umfangreiche Kassen­führung und Kassenkontrolle einiger der grössten Berliner Bazare be­findet sich in Frauenhänden. Selbstverständlich werden zu solcher Thätigkeit nur Personen gewählt, die sich im Geschäftsleben bereits bewährt haben und gut rechnen können, sowie die Buchführung kennen.

Gehalt 3060 M., wohl auch 75 M. monatlich, nur in grossen Geschäften mehr (60120 M.). Lehrkassirerinnen, d. h. Anfängerinnen, erhalten gewöhnlich 30 M. Anfangsgehalt.

8. Die Angestellte im Bankgeschäft

Die Laufbahn im Bankfach, in dem die besten Gehälter gezahlt werden, wird unter den kaufmännischen Berufen als der begehrens­werteste angesehen. Man stellt an die Schulbildung der Lehrlinge hier die grössten Ansprüche; die Thätigkeit im Bankkontor erfordert grosse Zuverlässigkeit und Genauigkeit und vor allem sicheres Rechnen. Während dieses Fach früher als alleiniges Gebiet des Mannes galt, hat die Frau sich in neuerer Zeit auch auf diesem Gebiete bewährt. In grösserer Zahl finden sich Frauen im Bankgeschäft hauptsächlich in Frankreich, wo sie in den zahlreichen Filialen der Französischen Bank, des Comptoir dEscompte, Credit Lyonnais, Credit Foncier u. s.w. sowohl in Paris als in der Provinz beschäftigt sind.

In Deutschland wurden zuerst in München (seit 1876) Frauen im Bankfach zugelassen. Sie verdankten dies der vorzüglichen Aus­bildung in der vom Fabrikanten Riemerschmid begründeten und vom Direktor M. Reischle geleiteten Handelsschule. Es dürfte wohl von Interesse sein, einige fachmännische Urteile von Münchener Bank­firmen über die Leistungen ihrer weiblichen Angestellten zu ver­nehmen.

Die Bayerische Handelsbank in München schrieb im Januar 1895: