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Wir beehren uns, Ihnen mitzuteilen, dass wir bereits seit dem Jahre 1876 in den verschiedenen Abteilungen unserer Bank namentlich in der Buchhaltung, sowie im Wechsel-, Depositen- und Kupon-Bureau Damen beschäftigen. Es gereicht uns zum Vergnügen, bestätigen zu können, dass die Leistungen dieser Damen im allgemeinen unsere volle Zufriedenheit gefunden haben und wir auf Grund dieser Er­fahrung z. Z. 24 Damen beschäftigen, von denen einige, bis zu fast 20 Jahren in den Diensten der Bank stehend, verantwortliche, selbst­ständige Posten der Buchhaltung mit Verständnis und einer Akkuratesse ausfüllen, die unser ganzes Lob verdient.

Die Firma Merck, Finck & Co. in München beschäftigte im Januar 1895 30 Kontoristinnen. Uber deren Thätigkeit äusserte sie sich wie folgt:Mit ihren Leistungen sind wir durchaus zufrieden. Fleiss und Betragen kann von uns im allgemeinen als mustergiltig bezeichnet werden. Die Damen sind in sämtlichen Bureaus verteilt. Sie finden in der Korrespondenz, Buchhaltung, im Effekten- und Kupon-Bureau Verwendung. Je nach Veranlagung sind ihnen be­scheidenere und selbständige Arbeiten anvertraut; so liegt ihnen z. B. die Führung der Konto-Kurrent-Bücher, sowie die Erledigung des grösseren Teils der Korrespondenz ob, Aufgaben, deren sie sich in vorzüglicher Weise entledigen.

Die Firma Gutleben & Weidert in München schrieb im Januar 1895:Wir bestätigen gern, dass wir auf unserm Bureau seit vielen Jahren eine Mehrzahl von Buchhalterinnen beschäftigen, die sich durch ihren Fleiss und Leistungen stets unsre Zufriedenheit er­worben haben. Zur Zeit arbeiten neun Damen auf unserm Kontor, von welchen etwa die Hälfte schon 2026 Jahre bei uns angestellt sind und zu schwierigen und selbständigen Arbeiten verwendet werden.

Man ersieht hieraus, dass die Frauen sich für das Bankfach durchaus eignen. In München besitzt eine Dame sogar ein eigenes Bankgeschäft, das sie selbst leitet.*)

Es ist sicher, dass das Bankfach mehr und mehr dem weib­lichen Geschlechte erschlossen wird. Allerdings ist dem weiblichen Geschlechte die höchste Sprosse des Bankbeamtentums, die Börsen­disponentenstelle verschlossen, da das neue Börsenreformgesetz weib­liche Personen vom Besuch der Börse ausschliesst. Doch stehen ihr die andren gut besoldeten Posten offen: Korrespondentinnen, Kassi- rerinnen, Buchhalterinnen, Bureaubeamtinnen, Kontoristinnen u. s. w. Da sowohl von den Vorsitzenden der Aktienbanken, wie von den Privatbankiers hohe Forderungen an die anzustellenden jungen Leute gemacht werden, so werden auch nur besonders befähigte junge Mädchen Aussicht auf Erfolg haben. Diese müssten nächst der Vor-

*) Julius Meyer u. J. Silbermann, a. a. O. S. 265 f.