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Fabrikinspektoren der deutschen Bundesstaaten festgestellt. Im Gross- 1
Herzogtum Hessen betrug die Zunahme in den inspektionspflichtigen t
Betrieben allein über 33°/ 0 ! Vor allem findet in der Zigarrenindustrie j
die Frauenarbeit immer mehr Verwendung; unter diesen Umständen gewinnt der Auftrag, den die Fabrikinspektoren erhalten haben: die Gründe und Wirkungen der Beschäftigung der verheirateten Frauen | 1
in Fabriken zu untersuchen, erhöhte Bedeutung, denn es erscheint un- ,
zweifelhaft, dass auch die Arbeit der verheirateten Frauen erheblich j
zunimmt. Wurde doch schon bei der Berufszählung von 1895 eine ganz erhebliche Steigerung der verheirateten weiblichen Erwerbstätigen I {
(1882—1895 um fast 50°/ 0 ) festgestellt, und erklären doch die Fabrik- !'
inspektoren in ihren Berichten mehrfach, dass die Pflege und Er- j,
ziehung der Kinder infolge der Abwesenheit der Mutter empfindlich ! •
leide. Es ist sicher keine vorteilhafte soziale Entwicklung, wenn die •;
Desorganisation der Familie und die Schäden der Jugenderziehung !;
weitere Fortschritte machen. ]j
2. Die Hausindustrie
Die in der Hausindustrie betriebenen Gewerbe sind gewöhnlich d
solcher Art, dass die Handarbeit der Maschinenarbeit gegenüber vor- d
herrscht. Es sind vor allem die verschiedenen Zweige der Textil- i
industrie und der Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe. Von sämt- !
liehen in der Hausindustrie beschäftigten Personen (1895 460 085) [
waren 258 006 männlichen und 202 079 weiblichen Geschlechts.
Die Hausindustrie ist diejenige Form des privatkapitalistischen 1
Betriebes, bei welcher die Arbeiter bei sich daheim beschäftigt werden, i
d. h. sie arbeiten bei sich daheim im Auftrag, teilweise mit den Pro- ;
duktionsWerkzeugen des Unternehmers (Maschinen, Rohstoffe, Halb- fabrikate u. s. w.) für den Absatz im Grossen und ohne Berührung ■
mit dem endlichen Konsumenten ihres Produktes. Eine bedeutende Ausdehnung erfuhr die Hausindustrie in Deutschland, als es der Erlass |
der Alters- und Invaliditätsgesetze, die die hausindustriellen Arbeiter |J
nicht in den Kreis der Geschützten einbeziehen, den Unternehmern f
vorteilhafter erscheinen liess, eine Arbeiterschaft zur Verfügung zu j
haben, für deren Wohl und Wehe sie nicht weiter verantwortlich sind. |
Besonders zugenommen hat die hausindustrielle Arbeit im Bekleidungsgewerbe. Versicherungspflichtig ist der Unternehmer nur für den 1
Heimarbeiter. Als solcher gilt aber nur der, „der ausschliesslich von j
einem Arbeitgeber beschäftigt wird, ohne fremde Hilfe arbeitet und j
sich bei Übernahme der Arbeit zu einer bestimmten Lieferzeit ver- i
pflichtet.“ Derartige Fälle sind selten; der Nachweis für ihr Vorhandensein ist nur schwer zu erbringen, so dass in Wirklichkeit der Unternehmer im Hausindustriellen und Heimarbeiter einen Arbeiter vor sich hat, um dessen Schicksal er sich nicht zu kümmern braucht,
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