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werfen, die dem Inhalt der Bücher aiigepasst waren und die eifrig von ihren männlichen Genossen nachgeahmt wurden.

Heute sind die englischen Buchbinderinnen nicht nur die Er­finderinnen vorzüglicher Muster, sondern sie beherrschen auch die Technik auf das vollendetste. Die permanente Ausstellung ihrer Arbeiten in London 61 Charing Cross Road gewährt den Liebhabern schöner Einhände einen wirklichen Genuss.

g) Die Dekorateurin und Tapezirerin. Dieser Beruf ist für Frauen mit Geschmack und der nötigen Fachbildung geeignet. Die Frauen haben vor den Männern sogar den Vorteil, dass sie von Jugend auf gewöhnt sind, an Toiletten, Handarbeiten u. s. w. sich in Farbenzusammenstellungen, Raffungen u. s. w. zu üben. Mit der Zimmerdekoration haben sich bisher aber wenig Frauen befasst. Im Jahre 1894 wurde in Berlin die erste Dekorationsgew T erbeschule für Frauen gegründet. Sie lehrt den Schülerinnen jede Tapezir- und Dekorationsarbeit mit Ausnahme der Matratzenarbeit, die durch die Thatsache, dass man sie überall fertig und billig zu kaufen bekommt, überflüssig geworden ist. Sie lehrt also das Anbringen von Stores, Gardinen, Portiören, die Polsterung der Möbel, die Stoffbekleidung von Wänden, Spiegeln, Bildern, Himmelbetten, das Arrangement und die Dekoration der Zimmer, die Anfertigung von Marquisen, Rouleaux, das Montiren von Handarbeiten u. s. w.

Der Kursus dauert einen Monat; das Honorar beträgt 50 M., ferner sind zur Anschaffung von Material, das hauptsächlich zur An­fertigung von Mustern nötig ist, die die Schülerinnen übrigens mit nach Hause nehmen und in ihrem Berufe später gebrauchen können, zirka 30 M. zu zahlen.

Den Unterricht leitet eine Dame, die in der städtischen Fach­schule für Tapezirer und Dekorateure zu Berlin ausgebildet ist; in der Zuschneidekunst wird nach dem System des Herrn Meuer, Leiters der ebengenannten städtischen Fachschule, unterrichtet. Die Anstalt befindet sich in Berlin, Leipzigerstrasse 31/32.

Die Schule kann bereits auf sehr günstige Resultate zurück­blicken; sowohl Berliner Damen als auch Mädchen aus der Provinz haben den Kursus durchgemacht und sich an den verschiedensten Orten selbständig niedergelassen. In den meisten Fällen haben sie sich darauf beschränkt, auf Bestellung zu arbeiten, die sie in ihrer Wohnung entgegennahmen; sie hatten gedruckte Karten ausgeschickt, in denen sie ihre Niederlassung mitteilten und um Aufträge baten, ein Schild am Hauseingang machte auf sie aufmerksam. In einem Falle jedoch mietete eine Dekorateurin auch einen Laden; zu diesem letzeren Experiment jedoch gehört ein gewisses Kapital, welches Damen, die nur auf Bestellung arbeiten, entbehren können.

Die notwendigsten Fähigkeiten, die man zu diesem Berufe mit­bringen muss,' sind: Geschmack, Farbensinn, Geschick und Lust. Das

Kellen, Die Frauen im Handel und Gewerbe IQ