147

Blumen so sehr zunimmt und die Herstellung der verschiedenartigen kostbaren Blumenarrangements den feinsten Kunstsinn sowie genaue Kenntnis der Blumen und ihrer Wirkungen verlangt, sehr gesucht. Junge Mädchen ergreifen zuweilen schon mit vollendetem 14. Lebens­jahre diesen nicht leichten Beruf. Die feuchte Luft in den Blumen­läden kann nur ein starker Körper ertragen. Nachdem die jungen Mädchen anfänglich als Andrahterinnen beschäftigt worden sind (wöchentlich durchschnittlich 8 M. Lohn, ohne Beköstigung), gehen sie oft schon nach 4 Wochen zu dem Berufe als Binderinnen über. Je nach dem Talent wird den Binderinnen, welche übrigens im Ver­hältnis zu den Bindern in Überzahl verlangt werden nur grösste Geschäfte beschäftigen männliche Personen in diesem Berufe ein Gehalt von 60 bis 100 M. monatlich gewährt.

Die Berufszählung von 1895 ergab 11391 Blumenmacherinnen, davon im Hauptberufe 10 989 neben nur 2472 vorwiegend mit Färben und Stanzen beschäftigten männlichen Arbeitern. Die Hauptzentren der Verfertigung künstlicher Blumen sind Berlin, Schlesien und das Königreich Sachsen; doch kommen auch im übrigen Deutschland derartige Betriebe vor. Die Betriebsweise ist grösstenteils hausindustriell, Arbeits­zeit und Arbeitsbedingungen gestalten sich dementsprechend. Die Arbeitszeit der Fabrikarbeiterinnen beträgt 910 Stunden. Die Ent­lohnung erfolgt meist im Akkord, und sehr tüchtige Arbeiterinnen können während der Saison bis zu 20 M. wöchentlich verdienen. An­fängerinnen bringen es auf nicht mehr als 4 M. wöchentlich. In Berlin wurden 1888 von 2,78 M. (für Hilfsarbeiterinnen) an bis zu 13,33 M. (für erwachsene tüchtige Arbeiterinnen) verdient, durch­schnittlich 8 M., in Breslau von 3 bis 13 M., durchschnittlich 7,50 M. Im Wochenlohn stehen die Färberinnen und Stanzerinnen u. s. w., die wöchentlich bis zu 12 M. verdienen (die gleiche Kategorie männlicher Arbeiter erhält bis zu 18 und 20 M.). Die Verdienste beziehen sich selten auf das ganze Jahr, da die Arbeit teilweise Saisonarbeit ist. Im Sommer suchen daher viele der unverheirateten sächsischen Ar­beiterinnen als Kellnerinnen u. dergl. in Bädern einen Erwerb, so dass es zu Beginn der Arbeitssaison manchmal schw T er ist, die nötigen tüch­tigen Arbeiterinnen zu bekommen.

Die Federschmückerin hat das Waschen und Kräuseln der Straussenfedern, das Reinigen, Färben und Verarbeiten von Hahnen- und Putenfedern sowie von Federn seltener Vögeln vorzunehmen. Die nötigen Kenntnisse erwirbt man sich am besten praktisch in einer grossen Schmuckfederfabrik, wie sie in Berlin, München, Nürnberg, Wien u. s. w. bestehen.

Über die Frauen in der Blumen- und Federindustrie schreibt die Wiener Frauen Zeitung, Beilage zumNeuen Wiener Tageblatt (1899, Nr. 104, 16. April):

10 *