schliesslich selbst der Ehefrau, immer allgemeiner wünschenswert oder notwendig, obschon die weibliche Erwerbsarbeit in dem Masse, wie sie zur Regel wurde, direkt wie indirekt vielfach wieder dahin wirkte, ihn weiter herabzudrücken.

Die wirtschaftliche und soziale Umgestaltung, die im 19. Jahr­hundert stattgefunden hat, beeinflusste die Lage der mittleren und höheren Gesellschaftsschichten noch in ganz anderer Richtung als die Lage der unteren, der sogen, arbeitenden Klassen. In den bürgerlichen Kreisen fanden die weiblichen Angehörigen, insbesondere die un­verheirateten Töchter, nicht alsbald einen genügenden und befriedigenden Ersatz für die verloren gegangenen Thätigkeiten. Hierzu kam ein anderer Missstand: Man kaufte alles bequem und billig, aber man musste immerhin in erheblichem Umfange kaufen, was man früher selbst erarbeitet hatte. Auf Selbstbeschaffung war man gar nicht mehr ein­gerichtet. In dem Grade, wie es nötig war, viele müssig gewordene Familienangehörige ohne Gegenleistung zu unterhalten, erhöhte sich das Einkommen des Familienoberhauptes nicht überall. So entstand offene oder geheime Not. Und noch ein weiteres wichtiges Moment: Im modernen Staat breiteten sich Beamtentum und Militärstand immer weiter aus, ganz abgesehen von den sogen, höheren freien Berufen. Mit der wachsenden Grösse der Geschäftsunternehmungen nahm auch das Privatbeamtentum zu. Die diesen Klassen Angebörenden sind in der Regel auf mässige und fest bemessene Gehalts- und Honorar­bezüge angewiesen, welche, wie bei dem Arbeiter, mit der Erwerbs­fähigkeit oder dem Tode des Ernährers enden und selten bedeutende Ersparnisse ermöglichen, am wenigsten, wenn die Familiezahlreich ist. Für die Töchter dieser Klassen wurde die Lage noch durch den Mangel einer speziellen und höheren Berufsbildung verschlimmert. Dieser Mangel bewirkte, dass alle, die Erwerb und Verdienst suchten, sich denjenigen Stellungen in ihrer sozialen Sphäre zuwandten, die eine andere Vorbildung als die allgemeine Schulbildung nicht erheischten, und hier Überfüllung und Lohndruck bewirkten. Selbst auch dann, wenn die Familie der Existenzsorgen für die weiblichen Glieder über­hoben war, oder jene Sorgen ertrug, um ihnen eine Erwerbsthätigkeit zu ersparen, so blieb immer der Mangel an nutzbringender Beschäf­tigung in der Familie. Der Thätigkeitsdrang entlud sich in der Kultivirung von allerlei Arbeitsspielereien, die verflachend wirken, weil das Bewusstsein eines ernsten Zweckes fehlt. Auf solchem Boden ist die allgemeine Verbreitung eines dilettirenden Musizirens und Malens entsprungen, bei dem nach dem Vorhandensein genügenden Talentes nicht gefragt wird und eine gründliche Durchbildung gar nicht an­gestrebt wird. Um den bestehenden Übelständen zu begegnen, suchte man den Frauen der bürgerlichen Klassen geeignete Erwerbsgelegen­heiten zu eröffnen und ihnen die diesbezügliche nötige Berufsbildung zuteil werden zu lassen. Es wird leider immer noch zu sehr in der