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dem das wirkliche Verhältnis der Geschlechter durch die starken Garnisonen oft getrübt erscheint. Aber selbst bei Einrechnung des Militärs finden wir im Jahre 1885 auf je 1000 männliche Personen in Berlin 1081, in Dresden 1113, in Frankfurt a. M. 1123 weib­liche Personen. In Staaten, die kein oder bloss ein schwaches stehen­des Heer besitzen, wie die Schweiz, Belgien, Skandinavien zeigen die Städte fast ohne Ausnahme einen den Landesdurchschnitt bedeutend übersteigenden Frauenüberschuss.

Um jedoch zu einem klaren Bild des Verhältnisses der beiden Geschlechter zu einander zu gelangen, müsste man die nicht durch Ein- und Auswanderung beeinflusste, sondern lediglich von Geburten und Todesfällen bestimmte Bevölkerungsbewegung in Betracht ziehen. Professor Bücher thut dies an einem Beispiel, zu dem er Frankfurt a. M. wählte. Am 1. Dezember 1890 zählte Frankfurt rund 180 000 Seelen; nimmt man nun an, dass hiervon 90 000 männlichen und 90 00O weiblichen Geschlechts waren, und es fänden weiterhin die gleichen Geburts- und Sterblichkeitsverhältnisse statt, wie bisher, so zählte man am 1. Dezember 1891 90 545 männliche und schon 90 877 weibliche Personen, und mit jedem weiteren Jahx-e vergrössert sich dieser Über­schuss. Die Ursache liegt nicht darin, dass mehr Mädchen geboren werden, als Knaben im Gegenteil werden mehr Knaben als Mädchen geboren sondern darin, dass weit mehr männliche Personen sterben, als weibliche: im jährlichen Überschuss der Geburten über die Todes­fälle überwiegt das weibliche Geschlecht bedeutend. Im Dezennium 18811890 wurden z. B. in Frankfurt a. M. auf je 1000 Ein­wohnerjährlich 27.3 Kinder geboren, unter denen auf je 100 Mädchen 103.4 Knaben kamen, dagegen starben jährlich von je 1000 männ­lichen Einwohnern 21.7, von je 1000 weiblichen aber bloss 17.1. So ergiebt der reine Zuwachs der Bevölkerung, das heisst der Überschuss der Geburten über die Todesfälle eine steigende Majorität des weib­lichen Geschlechts.

In Preussen wurden bei der Volkszählung von 1895 zusammen 15 645 439 Einwohner männlichen, aber 16 209 684 Einwohner weib­lichen Geschlechts gezählt, so dass die weibliche Bevölkerung die männliche um 564 245 Köpfe überwog. Die Ursache dieses Über- wiegens des weiblichen Elementes in der Bevölkerungszifler ist lediglich auf die grössere Sterblichkeit des männlichen Geschlechtes zurück­zuführen. Die einzigen Landesteile des preussischen Staates, in denen die männliche Bevölkerung die weibliche überwiegt, sind die Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen und Rheinland.

Wir haben gesehen, dass im ganzen Deutschen Reiche auf 100 Männer 103,75 Frauen kommen. Einen noch höheren Frauenüber­schuss hatten die 28 deutschen Grosstädte, d. h. also die Städte mit über 100 000 Einwohnern. Hier kommen auf 100 Männer 106,14 Frauen. Die amtliche Statistik führt die Ursache dieses höheren